Die Malaria verweist Medizin und Gesundheitssysteme in ihre Grenzen. Vor 50 Jahren glaubte man, die Infektionskrankheit bald ausgerottet zu haben.
Jetzt breitet sie sich wieder aus, und die Resistenzlage verschlechtert sich. Weltweit erkranken jährlich 300 bis 500 Millionen Menschen (überwiegend in
Afrika) und immerhin rund 1.000 Reisende nach Rückkehr nach Deutschland, von denen etwa 20 sterben1 (Österreich: 100 bis 120
Erkrankungen und 1 bis 2 Tote,2 Schweiz: 300 bis 400 Erkrankungen und etwa 3 Tote3). Schuld sind vor allem Prophylaxefehler: Knapp
zwei Drittel (61%) der im Jahr 1999 an Malaria erkrankten Reiserückkehrer haben keine Arzneimittel zur Vorbeugung eingenommen, 14% nur
unregelmäßig oder zu kurz.1
Ärztliche Fehler tragen zum tödlichen Ausgang bei. Diese lassen sich vermeiden: Bei der Anamnese nach Reisen fragen (Patienten
erwähnen Fernreise oft nicht von selbst), an Malaria denken (Grippe oder Gastroenteritis sind verbreitete Fehldiagnosen), für zügige und gezielte
Diagnostik sorgen (direkter Parasitennachweis im Dicken Tropfen bzw. Versenden von EDTA- oder Zitratblut per Boten an ein erfahrenes Labor mit 24-Stunden-
Dienst, kein Postversand, keine Antikörpersuche), rasch in die Klinik einweisen u.a.4
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt Wert auf international einheitliche Prophylaxeregime, um widersprüchliche Empfehlungen und damit verbundene
Non-Compliance zu verhindern.5 Andererseits reagiert die WHO träge auf Änderungen einschließlich neue Arzneimittel. In der Schweiz gibt
es daher seit längerem modifizierte Prophylaxeempfehlungen,6 die jetzt von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und
Internationale Gesundheit (DTG) für Deutschland angepasst herausgegeben werden.7 Im Unterschied zu den WHO-Empfehlungen8 rät die DTG
bei Reisen in Länder mit geringem Malaria-Risiko lediglich zur Mitnahme des Malariamittels (Stand-by), um notfalls - sofern kein Arzt erreichbar ist - eine
Selbstbehandlung einleiten zu können (vgl. Tabelle 2, Seite 71). Die Nutzen-Risiko-Bilanz soll besser sein, als wenn jeder Reisende kontinuierlich ein
Prophylaktikum einnimmt. Vergleichende Studien beider Regime gibt es jedoch nicht. Für Problemregionen wie dem gesamten tropischen Afrika unterscheiden
sich WHO- und DTG-Empfehlungen nicht.
Die neuen Ratschläge zur Prophylaxe werden sich wahrscheinlich rasch durchsetzen, allein schon weil an deren Bearbeitung die relevanten Tropeninstitute
Deutschlands beteiligt waren. Angeblich will auch die Weltgesundheitsorganisation bis zum nächsten Jahr ihre Empfehlungen grundlegend
überarbeiten.
INFEKTION: Malaria ist hauptsächlich eine Krankheit ländlicher Gebiete mit stehendem Süßwasser. Die Infektion wird durch Stich der
blutsaugenden weiblichen Anopheles-Mücke übertragen. Mit ihrem Speichel gelangen Sporozoiten in das menschliche Blut und vermehren sich in zwei
Entwicklungszyklen - zunächst in der Leber (Leberschizonten) und danach in den roten Blutkörperchen. Während Infektionen durch Plasmodium (P.)
vivax und P. ovale (Malaria tertiana) sowie durch P. malariae (Malaria quartana) praktisch immer gutartig verlaufen, ist die durch P. falciparum ausgelöste
Malaria tropica lebensbedrohlich. Die Überlebenschance sinkt, je später die Infektion behandelt wird. Unbehandelt verläuft Malaria tropica bei jedem
zweiten Mitteleuropäer tödlich.2
Die Inkubationszeit liegt zwischen sieben Tagen und mehreren Monaten. Bei fieberhafter Erkrankung in der ersten Reisewoche ist somit eine Malaria
unwahrscheinlich. Andererseits muss der Reisende wissen, dass bei Fieber bis zu einem Jahr nach Tropenaufenthalt immer eine Malaria in Betracht gezogen
werden muss. Ruheformen des Erregers können sogar Jahre und Jahrzehnte in der Leber überdauern. Fehldiagnosen bei Rezidiv sind
häufig.
EXPOSITIONSPROPHYLAXE: Maßnahmen, Stiche der Mücken zu verhindern, sind Basis jeder Malariavorsorge - auch bei konsequenter
Chemoprophylaxe - und gerade angesichts zunehmender Resistenzen besonders wichtig. Dazu gehört auch die Wahl des Reisetermins, da außerhalb von
Regenzeiten die Gefährdung geringer ist.
Mit Beginn der Dämmerung ist helle hautbedeckende Kleidung zu tragen und unbedeckte Haut mit wirksamen (!) moskitoabweisenden Repellentien
einzureiben. Die WHO empfiehlt Produkte auf Basis von Diethyltoluamid (DEET) oder Bayrepel.8 Im Test (mit heimischen Mücken) schneidet die
Bayrepel-haltige Milch AUTAN FAMILY am besten ab.9 Der Schutz vor Mückenstichen hält drei bis vier Stunden an. Hundertprozentig
verhindern lassen sich die Stiche jedoch nicht. Das Bayrepel-Präparat AUTAN ACTIVE Lotion, das Zecken besonders gut abwehrt,10 wirkt gegen
Mücken weniger gut.9 Dies gilt auch für das DEET-Produkt JAICO Muggenmelk und die Mischung von DEET mit Dimethylphthalat PIZ BUIN
Anti-Mosquito After Sun. Ungeeignet sind Produkte auf der Basis ätherischer Öle vom Typ HESPEROS Mückenschutzlotion.
Aufenthaltsräume sollen intakte Fliegengitter haben. Klimaanlagen reduzieren die Gefährdung durch Malaria. Ventilatoren verringern die Zahl von
Moskitos in Innenräumen.11 Mit Pyrethroiden imprägnierte Moskitonetze über dem Bett empfehlen sich vor allem für Besucher
afrikanischer Endemiegebiete, Rucksacktouristen und Langzeitreisende.12 Kinder sollen unbedingt durch Moskitonetze über Bett und Spielfläche
geschützt werden.
Zusätzlichen Schutz in Regionen mit starkem Malariarisiko und besonderer Exposition gibt imprägnierte Kleidung.8,11 Hierzu werden
Kleidungsstücke beispielsweise mit Permethrin-Lösung eingesprüht (z.B. NOBITE [Österreich], in Deutschland nicht im Handel). Bevor die
Kleidung getragen wird, muss sie mindestens zwei Stunden trocknen.
Elektroverdampfer, die Transfluthrin abgeben (BAYGON MASTER Mückenschutz, PARAL MÜCKEN-MOBIL u.a.) verringern die Zahl lebender
Mücken.9 Verdampfte biozide Stoffe sind nicht unbedenklich und haben in Innenräumen und vor allem in Schlafräumen nichts zu suchen
(bei Gebrauch Raum verlassen, danach durch Fenstergaze lüften).
Abbrennen so genannter Mosquito-Coils (Moskitospiralen) verpestet die Luft mit Beiprodukten wie Phenolen, Kresolen, Schwermetallen u.a., scheint aber in
Innenräumen - wie ein qualmendes Lagerfeuer im Außenbereich - zur Reduzierung der Mückenzahl beizutragen.11 Mit Reizung der
Atemwege ist zu rechnen. Bei regelmäßigem Gebrauch ist eine Zunahme von Asthma bei Kindern beschrieben.13 Für schlecht ausgestattete
Räume bleibt als Methode der letzten Wahl, Insektizide zu versprühen. Der Effekt hält jedoch nur kurz an.
CHEMOPROPHYLAXE: Die Wahl des Medikamentes richtet sich nach Reiseziel(en), dortiger Malariahäufigkeit und Resistenzlage, Dauer und Art des
Aufenthaltes sowie persönlichen Faktoren (Komedikation, Unverträglichkeiten bei vorherigen Reisen, Alter, Schwangerschaft u.a.). Regionale Hinweise
gibt Tabelle 2, Seite 71. Detaillierte Informationen finden sich im Internet.* Im Zweifelsfall gibt ein Tropeninstitut Auskunft zum
aktuellen Stand.
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Detaillierte Informationen zu Malaria im Internet bei:
DTG: http://www.dtg.mwn.de
WHO: http://www.who.int/ith/english/index.htm
Centers for Disease Control (CDC [USA]): http://www.cdc.gov/travel
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Die Chemoprophylaxe muss in der Regel vier Wochen nach Verlassen des Malariagebietes fortgesetzt werden (wird häufig falsch gemacht). Damit werden nicht
nur Infektionen auch in den letzten Reisetagen, sondern auch die Entwicklungszyklen der Erreger erfasst. Erst Tage nach dem Leberstadium gelangen die
Schizonten in das Blut und erst dort wirken Chloroquin (RESOCHIN u.a.) und Mefloquin (LARIAM). Da Atovaquon (in MALARONE) bereits auf Leberschizonten wirkt,
muss es nur sieben Tage nach Verlassen des Malariagebietes weiter eingenommen werden.
Auch eine korrekte Chemoprophylaxe garantiert keinen absoluten Schutz vor einer Infektion. Dies müssen die Reisenden wissen.
STAND-BY-THERAPIE: Die DTG empfiehlt heute die Mitnahme eines Malariamittels in therapeutischer Dosis (Stand-by-Medikation) für viele Regionen
mit geringer Malariahäufigkeit in Asien, Amerika u.a. und wenn im Rahmen einer Reise auch Kurzzeitausflüge (wenige Tage) in Gebiete mit Malariarisiko
vorgesehen sind.7 Diagnose (Blutuntersuchung) und Überwachung der Therapie bleiben jedoch Aufgabe eines Arztes vor Ort. Die
notfallmäßige Selbstbehandlung ist nur angebracht, wenn ab einer Woche nach Einreise in ein Malariagebiet Fieber über 38,5 Grad Celsius
auftritt (Verdacht auf Malariainfektion) und ärztliche Hilfe nicht erreichbar ist. Auch nach Selbstbehandlung ist ein Arzt aufzusuchen. Die Reisenden
müssen also bei Verordnung einer Stand-by-Medikation sorgfältig aufgeklärt werden. Wichtig ist der Hinweis, bei Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen
sowie Unwohlsein innerhalb von 12 bis 24 Stunden einen Arzt aufzusuchen und nicht abzuwarten, ob die Beschwerden von selbst abklingen. Zum Schutz vor
juristischen Problemen empfiehlt sich die schriftliche Information, die vom Reisenden per Unterschrift bestätigt wird. Schnelltests, die
parasitenspezifische Antigene nachweisen, eignen sich nicht als Entscheidungsgrundlage für Reisende, da auch bei hoher Parasitämie falsch-negative
Befunde möglich sind.14
Die Mitnahme eines Reservemittels trotz regelmäßiger Prophylaxe empfiehlt sich beispielsweise, wenn auf eine empfohlene zuverlässige
Prophylaxe mit Mefloquin (oder Atovaquon plus Proguanil) verzichtet werden muss und mit Chloroquin plus Proguanil vorgebeugt wird.
MALARIAMEDIKAMENTE: An der Wirksamkeit der gebräuchlichen Malariaprophylaktika besteht kein Zweifel. Randomisierte Studien an
Reisenden stehen jedoch kaum zur Verfügung. Überwiegend werden die Mittel an Soldaten oder der Bevölkerung in Endemiegebieten
erprobt, manchmal sogar unethisch gegen Plazebo.11
Chloroquin (RESOCHIN u.a.) ist preiswerter Standard für Gebiete, in
denen es keine Chloroquin-Resistenzen gibt (Dosierungen zur Prophylaxe sowie zur Stand-by-Therapie in Tabelle 1). Es wird einmal wöchentlich eingenommen.
Schlafstörungen (3%) und Kopfschmerzen kommen häufig vor. Chloroquin eignet sich nicht für Personen mit vorbestehender Retinopathie,
Gesichtsfeldeinschränkung, Psoriasis, schwerer Lebererkrankung, Niereninsuffizienz, Myasthenia gravis und Glukose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel.
Proguanil (PALUDRINE) verbessert die Zuverlässigkeit von
Chloroquin in Gebieten mit Chloroquin-Resistenz, muss aber täglich eingenommen werden. Wegen der großen Zahl der Tabletten und des
unterschiedlichen Anwendungsrhythmus von Proguanil und Chloroquin ist mit Einnahmepannen zu rechnen. Proguanil ist relativ gut verträglich. Magen-Darm-
Störungen wie Übelkeit (3%) und Durchfall (2%) sowie Schwindel sind unter kombiniertem Gebrauch häufig.11 Proguanil eignet sich nicht zur
alleinigen Einnahme (zu rasche Resistenzentwicklung).
Mefloquin (LARIAM) wirkt zuverlässiger als Chloroquin plus
Proguanil gegen Chloroquin-resistente Falciparum-Malaria und gilt für das gesamte tropische Afrika, die Salomonen u.a. als Standardprophylaxe. Allerdings
treten häufig neuropsychiatrische bzw. zentralnervöse Störwirkungen auf wie Kopfschmerzen und Schwindel, Angst, Depression,
Schlafstörungen, Halluzinationen, Psychosen und Koordinationsstörungen (a-t 1996; Nr. 3: 31 und 1998; Nr. 4: 43) sowie Übelkeit. 0,7% der Reisenden müssen mit schweren Störwirkungen rechnen, die
alltägliche Verrichtungen deutlich beeinträchtigen (a-t 1997; Nr. 11: 117). Suizid ist beschrieben (a-t 2000; 31: 23). Mefloquin darf nicht von Personen verwendet werden, die Feinkoordination oder räumliche
Orientierung erfordernde Tätigkeiten ausüben (Piloten, Gerätetaucher u.a.; a-t 1994; Nr. 6: 54).
Die Störeffekte sind dosisabhängig. Dies kommt bei Anwendung in therapeutischen Dosierungen zum Tragen, aber beispielsweise auch für Last-
Minute-Reisende, die vor dem Abflug eine höhere "Ladedosis" einnehmen. Da mehr als drei Viertel aller Störwirkungen spätestens nach
der dritten Tablette einsetzen, wird Erstanwendern geraten, die Einnahme drei Wochen vor der Reise zu beginnen. Dann kann die Prophylaxe bei
Unverträglichkeit notfalls noch vor dem Abflug umgestellt werden.7 Früher Einnahmebeginn könnte auch wegen der langen Halbwertszeit
von Mefloquin (mehr als drei Wochen) vorteilhaft sein: Auch bei Kurzreisen werden dann rechtzeitig zuverlässig suppressiv wirkende Blutspiegel erreicht (a-t 1996; Nr. 10: 103). Bei Depression in der Vorgeschichte soll Mefloquin nicht verordnet werden. Psychiatrische
Erkrankungen, Epilepsie (Chloroquin + Proguanil vorziehen, ggf. Doxycyclin), schwere Lebererkrankung und Reizleitungsstörungen des Herzens gelten als
Gegenanzeige. Die Kombination mit anderen QT-Zeit-verlängernden Mitteln (vgl. a-t 1996; Nr. 6: 60-1) ist zu
meiden.
Die Fixkombination Atovaquon + Proguanil (MALARONE) ist in Deutschland
seit 1997 zur Therapie und jetzt auch zur Prophylaxe der Malaria tropica bei maximal vierwöchiger Reise zugelassen (in Österreich und der Schweiz
voraussichtlich im Juli). Im Gegensatz zu Mefloquin wirkt MALARONE nicht gegen P. vivax und P. ovale. Atovaquon (WELLVONE) dient bislang als Reservemittel
zur Behandlung AIDS-Kranker mit Pneumocystis-carinii-Pneumonie. Für den Gebrauch als Malariamittel ist die Kombination mit Proguanil erforderlich, da sich
unter Atovaquon allein zu rasch Resistenz entwickelt. Auch unter der Fixkombination ist bereits Resistenz aufgetreten.
Mit der Werbung "ausgezeichnete Wirksamkeit" und "bessere Verträglichkeit gegenüber ... Mefloquin"15 versucht
GlaxoSmithKline, die breite Verwendung von MALARONE zu bahnen. Malariamittel sind jedoch nur bedingt austauschbar. Angesichts der geringen Zahl wirksamer
Produkte ist bei Neuheiten Zurückhaltung angebracht, um die Resistenzentwicklung zu verzögern. Zudem gibt es nur beschränkte Erfahrungen zur
Verträglichkeit. Kopfschmerzen, Abdominalschmerzen und Durchfall sind häufig, Blutschäden, erhöhte Leberwerte, Angioödem,
Haarausfall u.a. selten.16
MALARONE kommt derzeit für Regionen mit hochgradigen Resistenzen gegen Mefloquin im südostasiatischen Raum sowie für Gebiete mit hohem
Malaria-Risiko in Betracht, wenn Mefloquin nicht vertragen wird. Es empfiehlt sich, bei der Verordnung auf den hohen Preis hinzuweisen (273 DM** für eine
dreiwöchige Reise; Tabelle 1), damit die Reisenden nicht verschreckt ganz auf die Prophylaxe verzichten, wenn sie das Rezept einlösen wollen.
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Alleinreisende müssen sogar 328 DM bezahlen, da sich die Packungsgröße von MALARONE am Bedarf für die
Therapie orientiert und somit 6 Tabletten zuviel gekauft werden müssen. Bei einem so teuren Medikament sollten bedarfsgerechte
Packungsgrößen selbstverständlich sein, beispielsweise eine Basispackung mit 16 Tabletten für 1 Woche Reise einschließlich der
Einnahme vorher und nachher sowie "Verlängerungspackungen" mit 7 Tabletten/Woche.
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MALARONE ist während einer Mahlzeit oder zusammen mit Milchprodukten einzunehmen, um die schlechte Bioverfügbarkeit des Atovaquon-Bestandteils
zu verbessern (fettabhängige Absorption). Metoclopramid (PASPERTIN u.a.), Tetracyclin (ACHROMYCIN u.a.) sowie Rifampicin (RIFA u.a.) und Rifabutin
(MYCOBUTIN u.a.) verringern die Atovaquon-Plasmaspiegel.16
Die Fixkombination aus Artemether und Lumefantrin (Co-artemether,
RIAMET) ist seit Juni auch in Deutschland (ab Herbst in Österreich) im Handel. Sie dient ausschließlich der Behandlung der akuten,
unkomplizierten Malaria durch P. falciparum. RIAMET eignet sich nicht zur Therapie schwerer Formen sowie der Malaria tertiana oder zur Chemoprophylaxe.
Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Störungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Transaminasenanstieg u.a. sind bekannt. Neurotoxische
Effekte wie ataktischer Gang, Koordinationsstörung und verwaschene Sprache sind unter der Artemether-Variante Artesunat beschrieben (a-t 1999; Nr. 4: 42).17
Wegen der Möglichkeit von Interaktionen ist RIAMET bei gleichzeitiger Einnahme zahlreicher Arzneimittel wie Azolantimykotika, Makrolide, Proteasehemmer
oder trizyklischer Antidepressiva kontraindiziert. QT-Verlängerungen kommen vor. Bei Patienten mit vorbestehender QT-Verlängerung, symptomatischen
Herzrhythmusstörungen, Elektrolytstörungen, Begleittherapie mit anderen QT-verlängernden Mitteln u.a. soll vor und während der Behandlung
ein EKG abgeleitet werden.18 Damit eignet sich Artemether/Lumefantrin, das von der DTG in Gebieten mit bekannter Multiresistenz bei P. falciparum als
mögliche Option genannt wird, unseres Erachtens nicht zur Verwendung als Stand-by-Mittel. Im Gegensatz zur Schweiz wird in der deutschen Zulassung die
Stand-by-Therapie nicht erwähnt.
Der Behandlungszyklus kostet 99 DM. Novartis liefert das Produkt in Zusammenarbeit mit der WHO unter der Bezeichnung COARTEM zum Selbstkostenpreis von
2,40 US-Dollar/Therapiezyklus in Malariagebiete.19
Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) wird von der WHO zur Prophylaxe
für Regionen in Südostasien mit Multiresistenzen empfohlen. Das Tetrazyklin eignet sich allenfalls für Personen, die die anderen Mittel nicht
verwenden dürfen. Gerade in den Tropen können die Tetrazyklin-typischen fotoallergischen Hautreaktionen (bei starker Sonne bis 50%) zum Problem
werden. Bei Frauen ist mit Vaginitis (9%) zu rechnen.11 Doxycyclin ist in Deutschland nicht zur Malariaprophylaxe zugelassen (besondere Aufklärungs- und
Dokumentationspflicht).
Halofantrin (HALFAN) kann lebensbedrohliche und tödlich
verlaufende Herzrhythmusstörungen verursachen (a-t 1993; Nr. 7: 73 und 1994; Nr. 6: 56) und wird daher nicht mehr zur Stand-by-Therapie empfohlen. Keine Zulassung zur Chemoprophylaxe.
Die Sulfadoxin-Pyrimethamin-Fixkombinationen FANSIDAR
(Schweiz) und FANSIMEF (Schweiz; zusätzlich Mefloquin) sind in Deutschland und Österreich nicht mehr im Handel. Schwere Hautreaktionen mit
tödlichem Verlauf wie STEVENS-JOHNSON- und LYELL-Syndrom stehen dem Gebrauch entgegen (a-t 1992; Nr. 5:
45). Die Kombinationen dienen nur noch in speziellen Situationen zur Therapie.
Vor Prophylaxeversuchen mit homöopathischen Mitteln ist wegen
Unwirksamkeit dringend zu warnen (a-t 1998; Nr. 4: 42). Die Verordnung kann berufsrechtliche und strafrechtliche
Konsequenzen nach sich ziehen.20
Malaria-Impfstoffe sind seit mehr als 30 Jahren in Entwicklung, eine
Vermarktung jedoch nicht absehbar.
SCHWANGERSCHAFT: Urlaubsreisen in Malariaendemiegebiete gefährden Mutter und Feten. Am besten wird die Reise in ein malariafreies Gebiet
verlegt. Aus falscher Rücksicht auf eine Schwangerschaft darf in Malariaregionen nicht auf die dem Reiseziel angepasste Prophylaxe verzichtet werden.
Chloroquin, ggf. plus Proguanil, eignet sich für alle Schwangerschaftsstadien am besten. Mefloquin soll nicht im ersten Drittel der Gravidität eingenommen
werden. Während und bis drei Monate nach der Prophylaxe werden empfängnisverhütende Maßnahmen angeraten. Von Atovaquon/Proguanil
und Artemether/Lumefantrin ist wegen mangelnder Erfahrungen abzuraten. Doxycyclin ist kontraindiziert.
Von dem potenziell neurotoxisch wirkenden Repellent Diethyltoluamid (DEET) ist nur ein Bericht mit Verdacht auf Schädigung eines Kindes nach
regelmäßigem Gebrauch bekannt.21 Großflächige Anwendung ist zu vermeiden. Dokumentierte Erfahrungen mit anderen Mitteln
fehlen.11 Die Gefahren der Anwendung werden jedoch als geringer eingeschätzt als die der Malaria.21
KINDER: Kinder können rasch und schwer an Malaria erkranken. Die sicherste Form der Expositionsprophylaxe ist, mit Kindern (vor allem unter
fünf Jahren) auf Reisen in Malariagebiete zu verzichten! Dies gilt besonders für Länder mit Chloroquin-Resistenz.
Moskitonetze und andere Maßnahmen zum Schutz vor Mückenstichen sind in Malariaregionen unerlässlich. Auf DEET-haltige Repellentien empfiehlt
es sich wegen der möglichen Auslösung von Enzephalopathien zu verzichten (a-t 1987; Nr. 5: 44-5). Zur Chemoprophylaxe und Stand-by-Therapie gibt es
für Chloroquin, Proguanil und Mefloquin Alters- und Gewichts-bezogene Dosierungsrichtlinien.5,7 Atovaquon/Proguanil ist nicht für die Prophylaxe
bei Kindern unter 40 kg Körpergewicht zugelassen,21 Artemether/Lumefantrin nicht zur Behandlung von Kindern unter 35 kg.19
Grundlage der Malariaprophylaxe ist konsequente Expositionsprophylaxe
(bedeckende Kleidung, Repellentien, Moskitonetze u.a.) - auch unter Chemoprophylaxe.
Im tropischen Afrika und in wenigen anderen Gebieten gilt die kontinuierliche
Chemoprophylaxe - meist mit Mefloquin (LARIAM) - als Methode der Wahl.
Bei Reisen in Länder mit geringer Malaria-Häufigkeit wird zunehmend
lediglich zur Mitnahme einer Stand-by-Medikation geraten. Die Risiken der kontinuierlichen Chemoprophylaxe werden für diese Reisen höher bewertet als
der Nutzen.
Die jetzt auch zur Prophylaxe zugelassene Kombination Atovaquon/Proguanil
(MALARONE) ist Reservemittel für Gebiete mit Multiresistenzen und sehr teuer.
Die soeben in Deutschland auf den Markt gekommene Fixkombination
Artemether/Lumefantrin (RIAMET) eignet sich wegen der in zahlreichen Situationen erforderlichen EKG-Kontrollen unseres Erachtens nicht zur Stand-by-Therapie
ohne Arzt.
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