BRUSTKREBS: ÜBERLEBENSVORTEIL DURCH ADJUVANTES TRASTUZUMAB (HERCEPTIN)? | ||||
Seit Mai 2006 ist Trastuzumab (HERCEPTIN) zur adjuvanten Therapie des HER2-positiven Mammakarzinoms nach einer Operation, Chemotherapie und
ggf. Strahlentherapie zugelassen.1 Nach wie vor liegen von den vier wesentlichen randomisierten Studien zu dem Antikörper, der in unterschiedlichen
Regimen geprüft wird, nur Zwischenergebnisse vor. Die Rate des krankheitsfreien Überlebens wird bei ein- bis dreijähriger Nachbeobachtung unter
Trastuzumab um 5,5% bis 7,5% erhöht.2-4 Die Gesamtmortalität wird in drei der vier Studien nur als sekundärer Endpunkt erfasst.5
Sie ist unter Trastuzumab um 0,5% bis 2,9% geringer. Eine signifikante Senkung findet sich bislang nur in der gepoolten Analyse von zwei Studien,3 deren
Aussagekraft wegen methodischer Mängel jedoch in Frage steht (a-t 2005; 36: 96-8), sowie in einer nur als
Abstract vorliegenden und daher nicht beurteilbaren Studie.4
Unter Trastuzumab erleiden 190 Patientinnen schwerwiegende Komplikationen, in der Beobachtungsgruppe nur 88 (11% vs. 6%; Number needed to harm [NNH]) = 20). 115 Frauen beenden die Trastuzumabtherapie aus Sicherheitsgründen vorzeitig, 72 (4%) wegen kardialer Probleme. Unter dem Antikörper nehmen symptomatische Herzinsuffizienz (2,1% vs. 0,1%; NNH = 50) und asymptomatische Einschränkung der linksventrikulären Funktion (3,0% vs. 0,5%; NNH = 40) deutlich zu.6 Die Studie birgt mehrere methodische Probleme. Nach Publikation der Einjahresergebnisse2 wird den Patientinnen der Beobachtungsgruppe angeboten, in eine der Trastuzumabgruppen zu wechseln. Bis zu der Zweijahresauswertung nehmen 51% der Frauen dieses Angebot wahr.6 Hierdurch könnten positive Effekte in der Trastuzumabgruppe unterschätzt und Störwirkungen in der Beobachtungsgruppe überschätzt sein. Konkrete Daten für die Patientinnen werden nicht berichtet. Unter Trastuzumab werden 58 Patientinnen (3,4%) als "lost-to-follow-up" angegeben, in der Beobachtungsgruppe 97 (5,7%). Schon bei diesen Verlustraten würden die Ergebnisse zum Gesamtüberleben einer "Worst-case"-Analyse** nicht standhalten. Nach einer Grafik in der Publikation scheinen aber bereits nach einem Jahr für mehr als jeweils 150 Frauen in beiden Gruppen weder Daten zu Krankheitsrezidiven noch zu Todesfällen vorzuliegen. Durch die unvollständige Nachbeobachtung der Patientinnen wird die Aussagekraft der Ergebnisse erheblich beeinträchtigt. Bei einer "Worst-case"-Analyse wäre auch eine Reduktion der Krankheitsrezidive nicht mehr nachweisbar. Aus systematischen Untersuchungen ist bekannt, dass bei unvollständiger Nachbeobachtung eine Effektüberschätzung auftreten kann.7
Das britische National Institute for Clinical Excellence (NICE) hat Trastuzumab zur adjuvanten Therapie bei HER2-positivem Mammakarzinom auch unter Berücksichtigung von Kostenaspekten vergangenes Jahr positiv bewertet.11 Die dem neuseeländischen Gesundheitsministerium unterstellte Pharmaceutical Management Agency (PHARMAC) hält dagegen den Nutzen von Trastuzumab auch nach Publikation der aktuellen HERA-Daten für unzureichend belegt.12,13 Sie will die weitere Prüfung eines finnischen Regimes zur adjuvanten Anwendung von Trastuzumab fördern,14 das bisher nur in einer kleinen Studie erprobt wurde, aber bei ähnlicher Senkung der Rezidivrate wie in den größeren Studien mit einem Fünftel der Trastuzumabgesamtdosis auskommt.15
In der HERA-Studie senkt die einjährige Behandlung mit Trastuzumab
(HERCEPTIN) im Anschluss an eine adjuvante Chemotherapie bei Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom die Rate der Krankheitsrezidive nach zwei Jahren
von 19% auf 13%. |
| (R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse) | |
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1 |
Roche: Fachinformation HERCEPTIN, Stand Aug. 2006 |
R |
2 |
PICCART-GEBHART, M.J. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 353: 1659-72 |
R |
3 |
ROMOND, E.H. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 353: 1673-84 |
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4 |
CHUSTECKA, Z.: Anthracyclines may not be necessary in adjuvant therapy of breast
cancer; |
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5 |
TAN, A.R., SWAIN, S.M.: Semin. Oncol. 2003; 30: 54-64 |
R |
6 |
SMITH, I. et al.: Lancet 2007; 369: 29-36 |
M |
7 |
TIERNEY, J.F., STEWART, L.A.: Int. J. Epidemiol. 2005; 34: 79-87 |
8 |
EWER, M.S. et a.: J. Clin. Oncol. 2005; 23: 7820-6 | |
9 |
Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.: Krebs in Deutschland.
Häufigkeiten und Trends, 5. Ausgabe, Saarbrücken 2006, zu finden über: | |
10 |
GONZALEZ-ANGULO, A.M. et al.: Oncologist 2006; 11: 857-67 | |
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11 |
NICE: TA 107 Breast cancer (early)-trastuzumab: Guidance; |
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12 |
PHARMAC: Herceptin not funded, under continuing review; |
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13 |
PHARMAC: Presseinformation vom 19. Jan. 2007; |
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14 |
HIND, D. et al.: Lancet 2007; 369: 3-5 |
R |
15 |
JOENSUU, H. et al.: N. Engl. J. Med. 2006; 354: 809-20 |
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