KUNST-BASALINSULIN GLARGIN (LANTUS) | ||||
Seit Juli wird mit Insulin Glargin (LANTUS) das erste Insulinanalog mit verzögerter Wirkung angeboten. Wie die beiden rasch wirkenden Insulinanaloga (Lispro [HUMALOG] und Aspart [NOVORAPID]; a-t 1999; Nr. 11: 115-6 und 2000; 31: 37-8) soll es durch veränderte Kinetik die physiologische Insulinsekretion besser imitieren als Humaninsulin. EIGENSCHAFTEN: Glargin unterscheidet sich von Humaninsulin durch Austausch der Aminosäure Asparagin an Position 21 der A- Kette gegen Glycin sowie durch zwei zusätzliche Arginin-Moleküle am Ende der B-Kette. Als Resultat ist Glargin im sauren Milieu löslich, im physiologischen pH des Subkutangewebes bilden sich schwerlösliche Kristalle. Dadurch verzögert sich die Absorption. Im Versuch an gesunden Freiwilligen werden mit Glargin gleichmäßigere Wirkkonzentrationen erzielt als mit humanem Verzögerungs-(NPH*)-Insulin (INSUMAN BASAL u.a.). Die Wirkung setzt nach zwei bis vier Stunden ein und hält mehr als 24 Stunden an.1 Wegen der unterschiedlichen Löslichkeitseigenschaften darf Glargin nicht mit anderen Insulinen gemischt werden, die Spritzen dürfen keine Spuren anderen Materials enthalten. Schütteln vor Gebrauch entfällt.2 KLINISCHE WIRKSAMKEIT: Eine 28-wöchige Phase-III-Studie bei Typ-1-Diabetes mit 534 Patienten ist vollständig
veröffentlicht.3 Geprüft wird die Wirksamkeit von einmal täglich Glargin im Vergleich mit ein- bis zweimal täglich NPH-Insulin im Rahmen
eines Basis-Bolus-Therapieregimes. Die offene Durchführung wird mit den unterschiedlichen Lösungen begründet - Glargin ist klar, NPH-Insulin
trüb. Verblindung wäre aber durchaus möglich gewesen. In allen wichtigen Zielkriterien bleibt der erhoffte Vorteil von Insulin Glargin aus:
Das mittlere HbA1c (primärer Endpunkt) und die Häufigkeit symptomatischer Hypoglykämien und schwerer Unterzuckerungen (Fremdhilfe
erforderlich**) unterscheiden sich nicht. Eine grenzwertig signifikante Differenz zu Gunsten des Kunstinsulins ergibt sich nur für den medianen
Nüchternblutzucker sowie für Hypoglykämien, bei denen Blutglukosewerte von unter 36 mg% gemessen werden. Wie häufig der Blutzucker in
diesen Situationen überhaupt kontrolliert wurde, geht aus der Studie jedoch nicht hervor. Der Bemessungszeitraum für die Analyse wurde außerdem
nachträglich festgelegt. Das Ergebnis hat somit keine Aussagekraft. Die Studie ist als Marketing-Studie zu bewerten. KOSTEN: Das Kunst-Basalinsulin Glargin (LANTUS) verursacht gegenüber NPH-Insulin pro Insulineinheit Mehrkosten von 35%. FAZIT: Das Basalinsulin-Analog Glargin (LANTUS) kommt in den Handel, ohne dass in Studien ein klinischer Vorteil gegenüber konventionellem Verzögerungs(NPH)-Insulin (INSUMAN BASAL u.a.) nachgewiesen ist. Die einzige veröffentlichte Phase-III-Studie3 ist als Marketing-Studie ohne klinische Bedeutung zu bewerten. Die zu Glargin vorliegenden Daten können nicht einmal die Gleichwertigkeit mit NPH-Insulin belegen. Schutz vor diabetischen Folgeschäden ist nicht geprüft. Ob sich die höhere Affinität zum Rezeptor des Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktors I oder andere vom Humaninsulin abweichende biologische Effekte langfristig nachteilig auswirken, etwa hinsichtlich Retinopathie oder maligner Erkrankungen, ist nicht bekannt.
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