Im Gesundheitsstrukturgesetz wird die Gründung des Instituts "Arzneimittel in der Krankenversicherung" festgelegt, das bis 1996 eine
Liste in der Krankenversicherung verordnungsfähiger Medikamente erstellen soll. Eine Positivliste könnte eine höhere Qualität der
arzneitherapeutischen Versorgung der Bevölkerung sichern. Bundesgesundheitsamt und Arzneimittelgesetz haben bisher versagt, die Flut risikoreicher Altlasten
und unwirksamer Neuheiten auf dem deutschen Pharmamarkt zu bändigen. Eine Qualitätssicherung der Arzneimittel durch die Zulassung findet nicht statt.
Gesiebter Dreck wird bekanntlich in der Bundesrepublik zum zulassungsfähigen Arzneimittel, wenn damit Gastritis, Durchfall, Ekzeme oder Verbrennungen
behandelt werden.
Die mit der Personalauswahl für die Positivlisten-Kommission beauftragte Runde aus Kassenbürokraten und Ärztefunktionären sie nennt
sich Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen nimmt mit der Auswahl der "Sachverständigen" dem vielversprechenden
Vorhaben die Chance für eine Verbesserung der Patientenversorgung. Als Sachverständige sind u.a. vorgeschlagen:
- zwei Pharmakologieprofessoren, die durch ihre langjährige Mitarbeit an der ineffektiven Vorgängerin "Transparenzkommission" bereits seit
1977 auf 160 kostspieligen Sitzungen ihre Unfähigkeit zur Qualitätsverbesserung der Arzneimitteltherapie hinreichend unter Beweis gestellt haben; einer
der beiden Pharmakologen ist bekannt dafür, daß er am honorierten Rednertourismus im Rahmen firmengesponserter "Fortbildungs"-
Veranstaltungen für Medikamente teilnimmt;
- eine Abteilungsleiterin des Bundesgesundheitsamtes für den Bereich Klinische Pharmakologie. Sie verantwortet Zulassungsentscheidungen, die
Qualitätsanforderungen vermissen lassen. Soll die Dame jetzt als "Sachverständige" gegen therapeutischen Unsinn entscheiden, den sie als
BGA-Beamtin zugelassen hat?
- für den Bereich Medizin ein Funktionär der Bundesärztekammer, der die von ihm herausgegebenen "Arzneiverordnungen" als
"Positivliste" für den niedergelassenen Arzt andient. Darin finden sich Empfehlungen für so "wertvolle" Therapeutika wie TEBONIN,
SERMION, ENCEPHABOL, NORMABRAIN, TRENTAL u.a. Wie soll ein solcher "Sachverständiger", der therapeutisch zweifelhafte Prinzipien den
Ärzten als Positivliste andient, urteilsfähig im Sinne der Qualitätsverbesserung der arzneitherapeutischen Versorgung werden?
- ein der Pharmaindustrie als Gutachter verbundener Medizinstatistiker;
- auf der Reserveliste ein aus der ärztlichen Tagespresse einschlägig bekannter Pharmatourist im Dienste der Firmenwerbung; er reiste auf vom
Hersteller Beiersdorf gesponserten Werbeveranstaltungen kreuz und quer durch die Bundesrepublik, um für die therapeutisch uninteressante, aber teure
Clonidin-Variante Moxonidin (CYNT) ein Werbefeuerwerk zu zünden.
Die Liste der Zweifel ließe sich sowohl hinsichtlich Urteilsfähigkeit als auch hinsichtlich Durchsetzungsfähigkeit erweitern. Andererseits muß
aus Fairneß erwähnt werden, daß auch Sachverständige auf der Berufungsliste stehen, die zu keinerlei Zweifel Anlaß geben. Im Konzert
der Stimmen stellen sie jedoch eine Minderheit dar.
Diese Sachverständigen-Auswahl durch konfliktscheue Kassenbürokraten und opportunistische Ärztefunktionäre belegt die Interesselosigkeit
solcher Einrichtungen, die Bevölkerung mit besseren Arzneimitteln zu versorgen. Eine so erstellte "Positivliste" wird dem niedergelassenen Arzt keine
Hilfe zur qualitätsorientierten, kostengünstigen Therapieauswahl bieten. Ein sinnvolles Instrument wird personalpolitisch ad absurdum geführt. Die
Rechnung werden die Versicherten und Ärzte zahlen müssen, wenn aufgrund der ungebändigten Steigerung der Medikamentenkosten ein
"SEEHOFER II", vielleicht auch Direktverträge mit einzelnen Ärzten ("Einkaufsmodell") drohen.
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