QTc-Verlängerung - Clobutinol (SILOMAT u.a.)-Antitussiva vom Markt: Einen Tag bevor das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) das sofortige Ruhen der Zulassung Clobutinol-haltiger Arzneimittel anordnet, zieht Boehringer Ingelheim das Antitussivum SILOMAT
"vorsorglich" aus dem Handel. Wegen Risikoverdachtes - zwölf Meldungen gibt es zu Arrhythmien einschließlich Tachykardien, Palpitationen,
Bradykardien u.a. sowie zwei zu Torsade de pointes - hatte das BfArM eine Sicherheitsstudie angefordert. Diese bestätigt jetzt die Gefährdung: Bei
gesunden Erwachsenen, die die maximale empfohlene Tagesdosis von 240 mg und mehr einnehmen, findet sich eine dosisabhängige QTc-Verlängerung
von 32 ms unter 240 mg und von über 60 ms bei 720 mg/Tag. Arzneimittel, die das QTc-Intervall um mehr als 20 ms verlängern, haben ein erheblich
erhöhtes Potenzial auch lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen (BfArM: Clobutinol-haltige Arzneimittel, Stufenplanbescheid vom 31. Aug. 2007;
Boehringer Ingelheim: Expert statement clobutinol hydrochloride vom 30. Aug. 2007, Doc. No.: U07-0134). Die Diskrepanz zwischen der geringen Zahl von
Nebenwirkungsberichten und dem deutlichen arrhythmogenen Potenzial lässt sich zumindest zum Teil durch eine erhebliche Dunkelziffer nicht berichteter
Herzkomplikationen erklären. Schließlich ist Clobutinol nicht verschreibungspflichtig und wurde als gut verträglich beworben ("das sanfte Mittel
gegen starken Husten", Thomae: Werbung in Forschung und Praxis 1999; Nr. 270: 9). Das 1961 in den Handel gebrachte Antitussivum ist aber - wie fast alle
Arzneimittel aus dieser Zeit - nur unzureichend geprüft. Im Arzneimittelkursbuch 2007/08 wird es als "umstrittenes Therapieprinzip" mit
"dürftiger Studienlage" und Problem der QT-Verlängerung bewertet (Arzneimittelkursbuch 2007/08, 15. Ausg., A.V.I. Arzneimittel-Verlags-GmbH,
Berlin 2007, Seite 2109). 2006 wurden noch 4,7 Millionen Packungen Clobutinol-haltiger Präparate verkauft, davon 4 Mio. Packungen SILOMAT.
Generikahersteller mussten ihre Clobutinolpräparate inzwischen ebenfalls aus dem Handel ziehen. Als Ausweichprodukt kommen vor allem die
verschreibungspflichtigen Kodein-Präparate (CODICAPS u.a.) infrage, nicht jedoch zweifelhafte Antitussiva wie das jetzt verstärkt beworbene Noskapin
(CAPVAL), das im Verdacht steht, das Erbgut zu schädigen (a-t 1999; Nr. 2: 26), -Red.
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