MEMANTIN (AXURA, EBIXA) BEI MORBUS ALZHEIMER: NEGATIVDATEN UNTERDRÜCKT | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
"Meine Mondlandung" - so feiert Lundbeck in einer Werbung für EBIXA (Memantin) den auf einem Frühstücks-Toast
zentrierten Marmeladenklecks eines Patienten mit ALZHEIMER-Demenz.1 Tatsächlich ist Enthusiasmus jedoch fehl am Platz. Schon in den bislang
veröffentlichten Studien sind die Daten zum Nutzen von Memantin (AXURA, EBIXA) wenig beeindruckend. Die europäische Zulassung des mit
Amantadin verwandten "NMDA*-Rezeptorantagonisten" vor fünf Jahren beruht überwiegend auf einer einzigen 28-wöchigen Studie mit
252 Patienten, die nur in einem der beiden primären Endpunkte positiv ausfällt.2 Diese und eine kleine mit zwölf Wochen zu kurze
Studie,3 die mehr Patienten mit vaskulärer Demenz als mit Morbus ALZHEIMER einschließt (a-t 2002;
33: 91), reichten für die US-amerikanische Zulassung nicht aus.4 Erst nach Einreichen einer weiteren 24-wöchigen Studie mit 404 Patienten,
in der Memantin zusätzlich zu seit mindestens einem halben Jahr eingenommenem Donepezil (ARICEPT) mit Plazebo verglichen wird,5 erfolgte die
Zulassung auch in den USA (a-t 2004; 35: 18). Die amerikanische Zulassungsbehörde bewertet den Effekt
jedoch in allen drei Studien als "gering".6
Auch in einer 16-wöchigen dritten Studie (Nr. 10116) mit 258 Patienten unterscheiden sich die primär geprüften kognitiven Funktionen (SIB) in der Memantin- nicht von denen in der Plazebogruppe.10 Obwohl nur eine der drei unveröffentlichten Negativstudien (MEM-MD-01) in die Analyse des britischen National Institute for Clinical Excellence (NICE) eingeht, kommt dieses für Memantin zu dem Resultat, dass "die absolute Größe der Unterschiede aller Ergebnisse bescheiden ist" und die Evidenz nicht ausreicht, um eine klinisch relevante Wirksamkeit in der zugelassenen Indikation zu belegen.11 Auch das NICE erhält unveröffentlichte Daten in der Regel nicht. Wie in Deutschland gelten diese auch in Großbritannien als Betriebsgeheimnis des Herstellers. Da das Institut von der britischen Arzneimittelbehörde jedoch die Anzahl der Studienteilnehmer relevanter Studien erfährt, kann es den Anteil nicht publizierter Daten abschätzen. Für die meisten psychiatrischen Mittel wird deutlich, dass "weniger als die Hälfte, durchschnittlich möglicherweise nur ein Drittel der klinischen Studien veröffentlicht" ist.12 Nutzen und Schaden eines Arzneimittels können aber nur dann zuverlässig beurteilt werden, wenn alle Daten zugänglich sind. Tim KENDALL, Direktor des nationalen Zentrums für seelische Gesundheit in Großbritannien und maßgeblich an der Erstellung von Leitlinien des NICE beteiligt, beschreibt die Konsequenzen: Falls dieser Idealfall eines Tages erreicht werden sollte, könnte es sein, dass nicht viele Therapien übrig bleiben.12 Die Datenlage zur Wirksamkeit von Memantin (AXURA, EBIXA) bei moderater bis schwerer ALZHEIMER-Demenz ist auf der Basis der veröffentlichten Studien dürftig. Die gemessenen Effekte werden als "gering" eingestuft. Keine der Studien, in denen sich ein Nutzen nicht nachweisen lässt, ist publiziert. Die drei Negativstudien umfassen mehr als die Hälfte der Patienten aus Studien im zugelassenen Indikationsgebiet. Unterdrückung von Negativdaten ist bei psychiatrischen Arzneimitteln verbreitet: Nicht einmal die Hälfte, durchschnittlich eher nur ein Drittel der klinischen Studien wird veröffentlicht. Eine seriöse Bewertung auf der Basis nur der veröffentlichten Daten ist nicht möglich.
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