Windpocken trotz Impfung: In den letzten Wochen erreichen uns mehrfach Berichte über Windpockenerkrankungen bei Kindern, die
mehrere Monate bis ein Jahr zuvor gegen Varizellen geimpft worden sind. Ein Kinderarzt schließt ausdrücklich Anwendungsfehler wie Unterbrechung der
Kühlkette aus (NETZWERK-Berichte 14.320, 14.321). Das Paul-Ehrlich-Institut dokumentiert für den Zeitraum ab 2005 175 Spontanberichte über
Impfversagen nach Anwendung von VARILRIX bzw. VARIVAX, wobei Erkrankungen, die innerhalb von 42 Tagen nach Impfung auftreten, unberücksichtigt
bleiben (Schreiben vom 14. Dez. 2006). Bereits 2004, als die STIKO die Immunisierung aller Säuglinge gegen Windpocken als Regelimpfung in ihre
Empfehlungen aufnahm, gab es aus den USA, wo dies seit 1995 empfohlen wird, Hinweise auf ein Nachlassen der Schutzwirkung der Vakzine im Laufe der Jahre
und Diskussionen über die Notwendigkeit von Auffrischimpfungen (a-t 2004; 35: 80-1). Seit 2006 wird dort eine
Boosterimpfung im Alter von vier bis sechs Jahren angeraten, da nach einer Dosis bis zu 20% der Impflinge nicht ausreichend geschützt sind und bei Kontakt
mit dem Varizella-Zoster-Virus an Varizellen erkranken könnten. Zudem wird befürchtet, dass die Dauer der Protektion zu kurz ist, um Erwachsene
hinreichend zu schützen, bei denen die Erkrankung in der Regel schwerer verläuft (Scrip 2006; Nr. 3174: 15; Centers for Disease Control and Prevention:
MMWR 2006; 55 [RR-15]: 1-48). In einer aktuellen epidemiologischen Studie aus Kalifornien steigt die jährliche Rate an Windpockenerkrankungen signifikant
mit dem Abstand zur Impfung (von 1,6 Erkrankungen/1.000 Personenjahre im ersten Jahr auf 9,0 nach fünf Jahren und 58,2 nach neun Jahren). 8- bis 12-
Jährige, die vor mindestens fünf Jahren geimpft wurden, haben demnach ein mehr als doppelt so hohes Risiko einer schwereren Erkrankung als
Gleichaltrige mit kürzer zurückliegender Impfung (CHAVES, S.S. et al.: N. Engl. J. Med. 2007; 356: 1121-9). Hierzulande empfiehlt die STIKO bislang keine
Zweitimpfung. Allerdings ist bei der Vierfach-Vakzine PRIORIX-TETRA, mit der auch gegen
Masern, Mumps und Röteln immunisiert wird, eine zweite Dosis etwa sechs Wochen nach der ersten vorgesehen. Hinreichende klinische Daten zum Nutzen
einer Zweitimpfung und zur Dauer des Schutzes nach Boosterung finden wir für keine der beiden Vorgehensweisen.
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