KARDIOTOXIZITÄT VON COX-2-HEMMERN - | ||||
Erinnern Sie sich noch? Als Rofecoxib (VIOXX, MSD) Ende September 2004 wegen kardiovaskulärer Toxizität vom Markt genommen wurde,
reagierte die Firma Pfizer mit einer groß angelegten Werbekampagne, um aus dem Absturz für die eigenen Cox-2-Hemmer Profit zu schlagen. In Schreiben
an Ärzte und Apotheker, denen ein "Literaturpaket" beigefügt war, betonte die Firma die "kardiale Sicherheit" von Celecoxib (CELEBREX) und Valdecoxib (BEXTRA).1 Bereits eine Woche später musste Pfizer zurückrudern und einräumen, dass für Valdecoxib und
seine parenteral anwendbare Vorstufe Parecoxib (DYNASTAT) zwei Studien mit
Bypasspatienten vorliegen, in denen das kardiovaskuläre Risiko der Anwender im Vergleich zu den Plazebogruppen signifikant ansteigt (a-t 2004; 35: 125-6).
Trotz dieser für Celecoxib, Rofecoxib und Valdecoxib in kontrollierten Studien nachgewiesenen schwerwiegenden kardiovaskulären Störwirkungen sieht ein 32-köpfiges Beratergremium der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA keine Notwendigkeit, die Zulassung für die drei Coxibe zu widerrufen.7 Es wird lediglich zu einer Verschärfung der Warnhinweise geraten. Der für Rofecoxib und Valdecoxib nur mit knapper Mehrheit zustande gekommene Beschluss beruht allerdings auf erheblicher "Schlagseite" in der Expertenrunde. 10 der Sachverständigen hatten in den vergangenen Jahren finanzielle Verflechtungen zu Coxib-Produzenten. 9 von ihnen stimmten für den Verbleib von Valdecoxib auf dem Markt beziehungsweise die Rückkehr von Rofecoxib, jedoch nur 8 (36%) der 22 Berater ohne Firmen-Verbindungen. Eine Abstimmung ohne Beteiligung der Berater mit Interessenkonflikten hätte ein Votum zum Entzug der Zulassung für die beiden Mittel zur Folge gehabt.8 Die europäische Zulassungsbehörde EMEA schränkt in einem vorläufigen Beschluss die Anwendung von Cox-2-Hemmern ein. Patienten mit koronarer Herzerkrankung oder nach Schlaganfall dürfen die Mittel nicht mehr anwenden. Etoricoxib (ARCOXIA) darf außerdem nicht von Patienten mit unzureichend eingestellter Hypertonie eingenommen werden.9 Desinformation und Datenmanipulation ziehen sich seit den CLASS***- und VIGOR***-Studien (a-t 2001; 32: 87-8) wie ein roter Faden durch die Geschichte der Cox-2-Hemmer. Der Einfluss der von Firmen gesponserten Berater auf behördliche Entscheidungsgrundlagen wird am Beispiel der FDA deutlich. Die zögerliche Haltung der Zulassungsbehörden gegenüber den Cox-2-Hemmern folgt einseitig den Vermarktungsinteressen der Hersteller und widerspricht den Grundsätzen des vorbeugenden Verbraucherschutzes. Da für die angebotenen Coxibe weder Wirksamkeits- noch Verträglichkeitsvorteile belegt sind, bleibt angesichts der besonderen kardiovaskulären Risiken nur eine Konsequenz: die Marktrücknahme. |
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CLASS = Celecoxib long-term Arthritis Safety Study |
| (R = randomisierte Studie)
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1 | Pfizer GmbH: Schreiben vom 7. Okt. 2004 | |
2 | PSATY, B.M., FURBERG, C.D.: N. Engl. J. Med.: http://content.nejm.org/cgi/reprint/NEJMe058042.pdf | |
R | 3 | Pfizer Inc.: http://www.clinicalstudyresults.org/documents/company- study_76_0.pdf |
R | 4 | NUSSMEIER, N.A. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 352: http://content. nejm.org/cgi/reprint/NEJMoa050330.pdf |
R | 5 | BRESALIER, R.S. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 352: http://content.nejm.org/cgi/reprint/NEJMoa050493.pdf |
R | 6 | SOLOMON, S.D. et al.: N. Engl. J. Med. 2005; 352: http://content.nejm.org/cgi/reprint/NEJMoa050405.pdf |
7 | HARRIS, G., BERENSON, A.: New York Times vom 18. Feb. 2005 http://www.nytimes.com/2005/02/18/business/18cnd- drug.html?adxnnl= 1&adxnnlx=1108995329-mmvwYrl3n68NWVpEGD0v7g\ | |
8 | HARRIS, G.: New York Times vom 25. Feb. 2005 http://www.nytimes.com/2005/02/25/politics/25fda.html | |
9 | EMEA: Public statement vom 17. Febr. 2005 http://www.emea.eu.int/pdfs/human/press/pr/6275705en.pdf |
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