ERYTHROPOIETIN (NEORECORMON U.A.) BEI KREBS: LEBENSERWARTUNG VERKÜRZT | ||||
Patienten mit Krebs haben relativ häufig eine Anämie. Diese ist meist durch die chronische Erkrankung selbst bedingt, oft verstärkt durch
Chemo- oder Strahlentherapie. Die Blutarmut kann mit Beschwerden wie Tachykardie oder Müdigkeit einhergehen und die Lebensqualität
beeinträchtigen, aber auch lebensbedrohlich verlaufen. Bei bestimmten malignen Tumoren, z.B. Tumoren des Mund- und Rachenraums (head and neck
cancer), gilt die Anämie als unabhängiger prognostischer Faktor, u.a. wegen schlechteren Ansprechens eines hypoxischen Tumors auf Radio- oder
Chemotherapie.1
Unerwünschte Wirkungen sind unter Erythropoietin numerisch häufiger. Vaskuläre Komplikationen wie Hypertonie und venöse Thromboembolie, bekannte Schadeffekte von Erythropoietin, kommen unter Verum bei 11% vor im Vergleich zu 5% unter Plazebo. Die Angaben zu den Todesursachen sind wenig aufschlussreich. Danach unterscheiden sich die Gruppen hinsichtlich kardialer (Epoetin vs. Plazebo: 5,6% vs. 2,9%) und "allgemeiner" (5% vs. 0,58%) Erkrankungen als Todesursache.4 Der schädliche Einfluss von Erythropoietin auf den Krankheitsverlauf bei Tumorpatienten lässt sich mit den bekannten wachstumsfördernden und antiapoptotischen** Effekten des Hormons vereinbaren.4 Die Studie bestätigt zudem eine bislang nicht vollständig veröffentlichte randomisierte kontrollierte Untersuchung, an der über 900 Frauen mit metastasiertem Brustkrebs teilgenommen haben. Die primär auf das Überleben nach einem Jahr angelegte Studie musste vor kurzem wegen erhöhter Sterblichkeit unter Epoetin alpha (76% vs. 70%, p = 0,0117) vorzeitig abgebrochen werden.5 In einer weiteren Studie sollen die Daten zwar für eine höhere Überlebensrate unter Epoetin sprechen. Der Endpunkt der Überlebensrate wurde hier jedoch erst zwölf Monate nach Abschluss der Studie eingeführt. Ein "Trend" (p = 0,052) zugunsten von Epoetin errechnet sich zudem erst nach Adjustierung auf Grund verschiedener Risikofaktoren.6
Nach aktuellen Befunden erhöht Erythropoietin das Risiko der Tumorprogression und Sterblichkeit von Patienten mit Karzinomen im Bereich des Mund- und Rachenraums sowie des Kehlkopfs (head and neck cancer). Auch in einer Studie bei metastasiertem Brustkrebs verkürzt Erythropoietin die Lebenserwartung. Weitere randomisierte kontrollierte Studien, die primär auf die Sterblichkeit von Krebspatienten unter Erythropoietin angelegt sind, sind jetzt dringend erforderlich, bevor das Mittel zur Anämiebehandlung und vermeintlichen Besserung der Lebensqualität weiterhin breit verwendet wird. Angesichts der Datenlage raten wir außerhalb von solchen auf die Sicherheit des Mittels angelegten kontrollierten Studien von der Erythropoietin-Anwendung bei Tumorpatienten ab. | ||||
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