Pharmareferenten der Firma Novartis verteilten in den vergangenen Wochen eine "Stellungnahme", in der die Kritik des a-t an der Val-
HeFT*-Studie (a-t 2002; 33: 1-2) kommentiert wird. In einem internen Rundschreiben werden die Mitarbeiter
angewiesen, die Stellungnahme "nur reaktiv" einzusetzen. Abschließend heißt es: "... und bewerben Sie weiterhin die positiven Ergebnisse
dieser Meilensteinstudie für DIOVAN."1 Mit dieser Arbeitsanweisung für Pharmareferenten verstößt die Firma gegen das
Heilmittelwerbegesetz, das Werbung nur für zugelassene Indikationen erlaubt. Valsartan ist bei Herzinsuffizienz nicht zugelassen. Die Firma hat in den USA und
in Deutschland (als Reference Member State für weitere EU-Zulassungen) die Zulassung beantragt.2 Beide Verfahren sind nicht
abgeschlossen.
Um die Kritik des a-t zu widerlegen, beruft sich Novartis auf die Autorität von Fachgesellschaften: "Die ... zur Val-HeFT-Studie geäußerten
Kritikpunkte stehen im krassen Gegensatz zu den im renommierten New England Journal of Medicine, der European Society of Cardiology und den in den Leitlinien
Hypertonie der Deutschen Hochdruckliga geäußerten Empfehlungen zum Einsatz von AT1-Rezeptorblockern in der Indikation
Herzinsuffizienz."1 Die Empfehlung der Europäischen Kardiologie-Gesellschaft, auf der Basis der Val-HeFT-Studie Angiotensin (AT)-II-Hemmer mit
ACE-Hemmern zu kombinieren, stammt bereits vom September 2001. Zu diesem Zeitpunkt waren die vollständigen Daten der Studie noch nicht publiziert und
konnten daher auch noch gar nicht bewertet werden. Mit keinem Wort weist die Gesellschaft auf die Vorläufigkeit des Kenntnisstandes hin. Als Referenz wird
nicht etwa der Kongressbericht, sondern die Vorab-Publikation des Studien-Designs von Val-HeFT3 angeführt.4 Auch die Leitlinie der
Deutschen Hochdruckliga, in der AT-II-Blocker bei Unverträglichkeit von ACE-Hemmern für Herzinsuffizienz-Patienten empfohlen werden, wurde zuletzt im
August aktualisiert.5 Gleiches gilt für die Herzinsuffizienz-Leitlinie der Amerikanischen Kardiologie-Gesellschaften (ACC/AHA*). Die Langfassung vom
November 2001 enthält zwar einen Verweis auf die ausstehende vollständige Publikation der Val-HeFT-Studie. Dieser Vorbehalt hindert die Autoren
jedoch nicht daran, die Kombination von AT-II-Blockern mit Betablockern bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit zu empfehlen, ohne die vollständig
veröffentlichten Daten abzuwarten und kritisch zu prüfen.6
Die Fachgesellschaften halten es offensichtlich nicht für nötig, auch nur den Schein der Seriosität zu wahren. Durch die Voreiligkeit disqualifizieren
sie ihre Empfehlungen und setzen sie dem Verdacht der Industrieabhängigkeit aus. Immerhin bestehen bei durchschnittlich 81% der Autoren von Leitlinien
finanzielle Verflechtungen mit Herstellern.7
Die Val-HeFT-Studie sollte klären, ob Valsartan (DIOVAN) als Zusatz zur Standardtherapie die Prognose von Herzinsuffizienz-Patienten verbessert. Die
Ergebnisse stärken den Verdacht aus vorangegangenen Studien (ELITE II** und RESOLVD**), dass AT-II-Blocker in Kombination mit einem Betablocker oder
mit einem ACE-Hemmer die Mortalität steigern. Novartis will das schlechtere Abschneiden dieser Untergruppen ausschließlich durch die Schadwirkung der
Kombination aller drei Wirkstoffe, unter der signifikant mehr Patienten sterben, erklärt wissen.1 Da sich die Subgruppen mit Zweifach- und
Dreifachkombinationen vor allem bei den Betablocker-Verwendern weitgehend überschneiden, lässt sich die Frage mit den Daten der Val-HeFT-Studie
nicht abschließend beantworten. Die Empfehlung von Fachgesellschaften, AT-II-Blocker mit Betablockern zu kombinieren, basiert auf einer post hoc definierten
Untergruppe von lediglich 140 Patienten (weniger als 3% aller Teilnehmer), die einen Betablocker, aber keinen ACE-Hemmer einnehmen und bei denen das Ergebnis
zur Gesamtsterblichkeit nicht signifikant zu Gunsten von Valsartan ausfällt (relatives Risiko [RR] 0,8%). Das 95%ige Konfidenzintervall (CI) reicht von 0,37 bis
1,74. Betrachtet man dagegen alle Betablockerverwender, eine durch Stratifizierung prädefinierte Subgruppe, ergibt sich eine signifikante
Mortalitätssteigerung durch zusätzliches Valsartan. Bei Kombination von Valsartan nur mit ACE-Hemmer (3.034 Patienten, 61%) beträgt das relative
Mortalitätsrisiko 0,96 (95% CI 0,82 bis 1,11), in der Untergruppe aller ACE-Hemmer-Verwender steigt es tendenziell durch zusätzliches
Valsartan auf 1,07 (95% CI 0,93-1,21).8,9
FAZIT: Mit den Ergebnissen der Val-HeFT-Studie lässt sich die Anwendung eines AT-II-Blockers als Zusatz zu einem Betablocker und/oder einem ACE-
Hemmer bei Herzinsuffizienz nicht begründen. Ein günstiger Enfluss auf die Sterblichkeit ist nicht belegt. Beim derzeitigen Kenntnisstand ist viel mehr von
einem mortalitätssteigernden Effekt der Kombinationen auszugehen. Mehrere Fachgesellschaften empfehlen AT-II-Blocker, ohne die Daten vorher geprüft
zu haben. Der Valsartan (DIOVAN)-Hersteller Novartis weist seine Mitarbeiter an, Valsartan für die nicht zugelassene Indikation zu bewerben. Dies ist nicht
zulässig.
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ACC = American College of Cardiology, AHA = American Heart Association; Val-HeFT = Valsartan Heart Failure
Trial |
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ELITE = Evaluation of Losartan in the Elderly; RESOLVD = Randomized Evaluation of Strategies for Left
Ventricular Dysfunction
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