Die STIKO empfiehlt seit dem Jahr 2000 für bereits vollständig gegen Pertussis grundimmunisierte Kinder und Jugendliche eine
Auffrischimpfung zwischen dem 11. und 18. Lebensjahr. Wie ist die Datenlage zur Pertussis-Epidemiologie? Gibt es konkrete Aussagen zur Dauer des Impfschutzes?
Für wie sinnvoll halten Sie diese Empfehlung?
M. PAUL (AOK Thüringen)
D-99084 Erfurt
An der Kinderkrankheit Keuchhusten erkranken vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder, in Ländern mit hohen Durchimpfungsraten mittlerweile jedoch
bis zu 50% Jugendliche und Erwachsene.1,2 In mehreren Studien ist bei etwa jedem fünften Erwachsenen, der länger als zwei Wochen
über Husten klagt, Pertussis nachgewiesen worden.2,3 Im Allgemeinen verläuft die Erkrankung bei Jugendlichen und Erwachsenen weniger
schwer, aber Rippenfrakturen, Pneumothorax, schwerer Gewichtsverlust und sehr selten auch die bei Säuglingen gefürchtete Enzephalopathie sind
beschrieben.3
Immunität gegen Keuchhusten hält nur begrenzt an, nach Erkrankung 15 bis 20 Jahre, nach vollständiger Grundimmunisierung mit Ganzkeimimpfstoff
etwa zehn Jahre.2 Für die seit 1995 verfügbare und empfohlene azelluläre Pertussis-Vakzine (PAC MERIEUX, auch in Mehrfachimpfstoffen)
lässt sich die Dauer der Immunität noch nicht zuverlässig angeben.2 Eine kürzlich veröffentlichte Studie mit mehr als 10.000
Kindern deutet einen Impfschutz von mindestens fünf Jahren an.4
Seit 2000 empfiehlt das Robert KOCH-Institut (RKI), bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem 11. und 18. Lebensjahr die Keuchhusten-Impfung nachzuholen
oder aufzufrischen. Begründet wird diese Empfehlung mit der steigenden Erkrankungshäufigkeit in dieser Altersgruppe und der Gefahr epidemischer
Ausbrüche. Das RKI fürchtet Einschleppung in Familien mit erhöhter Infektionsgefahr noch nicht geschützter Säuglinge.5
Erhebungen aus Sachsen-Anhalt liefern Hinweise auf regional gehäuft vorkommende Keuchhustenerkrankungen bei älteren Schulkindern und
stützen die Befürchtungen des RKI.6 Einen Beleg für zunehmende Säuglingsinfektionen durch erkrankte Geschwisterkinder finden wir
jedoch nicht.
Für die Auffrischimpfung stehen in Deutschland der Einzelimpfstoff PAC MERIEUX sowie der Thiomersal-freie Dreifach-Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie,
Tetanus und Pertussis BOOSTRIX zur Verfügung. Unerwünschte Wirkungen wie Schmerzen und Verhärtung an der Einstichstelle, lokale
Spätreaktionen sowie Erbrechen sind häufig. Bei bis zu 1% der Patienten kommt es zu Fieber über 39 Grad, Blutdruckanstieg, Muskel- und
Gelenkbeschwerden.7 Wie häufig mit schweren Störwirkungen wie Krampfanfällen zu rechnen ist, lässt sich nicht
beziffern.7,8
Erfolgen Auffrischimpfungen mit sämtlichen empfohlenen Komponenten (Tetanus, Diphtherie, Polio, Pertussis), sind mindestens zwei Injektionen erforderlich. Die
Auffrischimpfung auch gegen Pertussis verdoppelt die Impfstoffkosten auf 73 DM bis 84 DM gegenüber 38 DM für einen Kombinationsimpfstoff gegen
Tetanus, Diphtherie und Polio.
FAZIT: KeuchhustenerkrankungenHyH betreffen zunehmend ältere Schulkinder und Erwachsene. Das Robert KOCH-Institut begründet die
generelle Empfehlung zur Pertussis-Auffrischimpfung mit der Gefahr epidemischer Ausbrüche unter Jugendlichen und nachfolgenden Infektionen
ungeschützter Säuglinge in den Familien. Dies erscheint plausibel. Die Impfstoffkosten in der Altersgruppe von 11 bis 18 Jahren werden verdoppelt.
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