"Pneumokokke, Haemophilus und Chlamydie. Jetzt macht VAXAR euch platt."1 Mit der für Gyrasehemmer eher
ungewöhnlichen Indikation "ambulant erworbene Lungenentzündung" ist Grepafloxacin seit wenigen Monaten erhältlich. Mit Ausnahme
von Sparfloxacin (ZAGAM; a-t 5 [1997], 55) haben bisherige Gyrasehemmer wegen unzuverlässiger Wirksamkeit
gegen Pneumokokken bei diesem Anwendungsgebiet keine Berechtigung (a-t 12 [1994], 115). Grepafloxacin soll
außerdem bei Exazerbationen chronischer Bronchitis, unkomplizierter Gonorrhoe sowie Chlamydien-Urethritis und -Zervizitis Verwendung
finden.2
EIGENSCHAFTEN: Für das im Vergleich zu Ciprofloxacin (CIPROBAY) in vitro im grampositiven Bereich erweiterte Wirkspektrum soll die Methylgruppe
am C5 des Chinolongerüsts verantwortlich sein. Außer Sparfloxacin, dem Grepafloxacin im bakteriellen Spektrum ähnelt,3 sind bisherige
Chinolone in dieser Position nicht substituiert. Die Halbwertszeit von 15 Stunden ermöglicht die einmal tägliche Einnahme.
KLINISCHE ERFAHRUNGEN: Täglich 400 mg bzw. 600 mg Grepafloxacin wirken bei Exazerbationen chronischer Bronchitiden sowie bei ambulant
erworbener Pneumonie ebenso gut wie dreimal täglich 500 mg Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.).4,5 Die höhere Dosis bietet gegenüber der
niedrigeren keine Vorteile.4 Bei Eindosistherapie der unkomplizierten Gonorrhoe des Mannes entsprechen nach einer offenen Untersuchung die
Heilungsraten von 400 mg der Neuerung mit 99% denen von 400 mg Cefixim (97%; CEPHORAL u.a.).6 In einer nicht randomisierten offenen Studie mit 80
an Gonokokkenzervizitis erkrankten Frauen erzielen beide Antibiotika hundertprozentige bakteriologische Heilungsraten.7
STÖRWIRKUNGEN: Am häufigsten ist mit Geschmacksstörungen (bis 27%) und Übelkeit (bis 22 %)8 sowie Kopfschmerzen,
Schwindel, Schlaflosigkeit und Unruhe zu rechnen. Depression, Halluzination und Verwirrtheit kommen vor. Wie auch unter Sparfloxacin ist ein QTc-
verlängernder Effekt beschrieben.2,3 Grepafloxacin darf nicht bei vorbestehender QT-Verlängerung, bei Risikofaktoren wie Bradykardie oder
gleichzeitig mit anderen QT-verlängernden Mitteln eingenommen werden.2
Wie andere Chinolone kann Grepafloxacin Sehnenentzündungen bzw. -risse und Lichtempfindlichkeitsreaktionen hervorrufen. Ein besonders auffälliges
photosensibilisierendes Potential wie bei Sparfloxacin scheint es nicht zu geben,2 jedoch wurde das Mittel bislang nur in der lichtarmen Zeit
angeboten.
KOSTEN: Im Vergleich mit Standardantibiotika wie Amoxicillin (AMOXYPEN: 41 DM, AMOXI VON CT: 35 DM bei täglich 1,5 g) und Erythromycin
(ERYTHROCIN: 64 DM, ERYBETA: 38 DM bei täglich 2 g) verteuert Grepafloxacin die zehntägige Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie
selbst in der niedrigeren Dosis um das Zwei- bis Dreifache (104 DM bei 400 mg/Tag).
FAZIT: Der Gyrasehemmer Grepafloxacin (VAXAR) wirkt bei ambulant erworbener Lungenentzündung wie Amoxicillin (AMOXYPEN u.a.). Mit den
typischen Störwirkungen der Chinolone ist zu rechnen, einschließlich auffällig häufigen Störungen des Geschmackssinns bei bis zu jedem
vierten Patienten. Grepafloxacin verlängert das QTc-Intervall im EKG mit Risiko von Herzrhythmusstörungen bis zur Asystolie. Bei der unproblematischen
Resistenzsituation für Pneumokokken in Deutschland sehen wir keinen Bedarf für Grepafloxacin. Breite Verordnung von Gyrasehemmern zieht rasche
Resistenzentwicklung nach sich (a-t 2 [1991], 21).
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