Seit einigen Monaten werde ich von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auf Fernsehsendungen und
Pressemeldungen angesprochen, in denen von den erstaunlichen Heilkräften des Weihrauches berichtet wird. Über internationale Apotheken beziehen
manche Patienten das indische Präparat SALLAKI oder die Schweizer Importversion H 15. Dieses aus der indischen Ayurveda-Medizin stammende
Präparat wird in den Medien derzeit als "Wundermittel" zur Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Hirntumoren und
rheumatischen Erkrankungen gepriesen...
In der wissenschaftlichen Literatur finden sich einige Informationen zum Wirkmechanismus, jedoch so gut wie keine Daten zur Wirksamkeit oder zu Nebenwirkungen
bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Meines Erachtens erlauben die interessanten Ergebnisse von In-vitro-Untersuchungen zur Inhibition des
Leukotrienmetabolismus durch Hemmung der Lipoxygenase zum jetzigen Zeitpunkt nicht die breite Propagierung des Mittels zur Anwendung bei M. CROHN und
Colitis ulcerosa ...
Dr. med. F. GRAEPLER
D-72070 Tübingen
Das Harz des Weihrauchbaumes Boswellia serrata findet seit Jahrhunderten in der traditionellen indischen Medizin Verwendung. Für die postulierte
antientzündliche Wirkung sollen sog. Boswelliasäuren (Triterpene) verantwortlich sein. In vitro hemmen diese die Bildung von Leukotrienen, die an vielen
chronisch entzündlichen Erkrankungen beteiligt sind. Prostaglandine bleiben offenbar unbeeinflusst.
Durch Deklaration als traditionelles Ayurvedisches Arzneimittel lassen sich in Indien Produkte ohne die sonst erforderlichen Studien bzw. Qualitäts- und
Preiskontrollen anbieten.1 Kontrollierte klinische Studien nach wissenschaftlich anerkannten Qualitätsstandards, die einen Nutzen von Weihrauch bei
entzündlichen Darmerkrankungen oder Rheuma belegen, finden wir in einer Datenbankrecherche (Medline) nicht. Eine kleine offene, nicht randomisierte
Untersuchung, die den Extrakt mit Sulfasalazin (AZULFIDINE u.a.) bei Colitis ulcerosa vergleicht,2 ist für eine Bewertung ebenso wenig hilfreich wie
lediglich auf einer Tagung3 vorgestellte Ergebnisse bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.
Unter der Anwendung kommen retrosternales Brennen, Völlegefühl, Schmerzen im Epigastrium und Anorexie vor.2 Allergische Reaktionen sind
möglich.3 Ayurvedische Arzneimittel sind zum Teil erheblich mit Blei belastet. Mehrfach treten bei der Einnahme chronische Bleivergiftungen mit
Kopfschmerzen, Darmkrämpfen und Anämie auf.4
Weihrauchextrakt ist in der Schweiz nur in einem Kanton als nicht standardisiertes Boswelliasäuren-Präparat (H 15) zum Vertrieb zugelassen. Eine
generelle Erlaubnis zum Import von H 15 nach dem Arzneimittelgesetz lässt sich daraus nicht ableiten,5 -Red.
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