Patienten mit proximalen tiefen Beinvenenthrombosen erhalten üblicherweise mindestens fünf Tage lang unfraktioniertes Heparin
intravenös. Eine Marcumarisierung über mindestens drei Monate schließt sich an. Wird die Heparinanwendung verkürzt, verschlechtert sich der
Behandlungserfolg. Die Patienten bleiben mindestens sechs bis acht Tage in der Klinik.
Metaanalysen der letzten Jahre geben Hinweise, daß niedermolekulare Heparine phlebographische Befunde und möglicherweise auch thromboembolische
Komplikationen günstiger beeinflussen als unfraktioniertes Heparin.1,2 Jetzt bestätigen zwei kontrollierte Studien an 400 bzw. 500 Patienten
Vorteile von niedermolekularem Heparin zur Anfangsbehandlung der proximalen tiefen Venenthrombose.3,4 Die Patienten erhalten mindestens fünf
Tage lang unfraktioniertes Standardheparin intravenös (adjustierte Dosis mit 1,5-2facher Verlängerung der aPTT) oder in körpergewichtbezogener
Dosis zweimal täglich subkutan die niedermolekularen Heparine Nadroparin (FRAXIPARIN) oder Enoxaparin (CLEXANE). Überlappend beginnt am
zweiten Tag die orale Antikoagulation mit Warfarin (COUMADIN) über drei Monate mit einem angestrebten INR-Bereich von 2-3 (ca. Quick 25%-35%, vgl. a-t 7 [1993], 68).
Thromboembolische Ereignisse (Thrombose-Rezidive, Embolien) treten im Studienverlauf bei Beginn der Antikoagulation mit Nadroparin (6,9%) oder Enoxaparin
(5,3%) nicht häufiger auf als bei Start mit unfraktioniertem Heparin i.v. (8,6% bzw. 6,7%). Todesfälle sind in der Tendenz eher seltener (14 und 11 vs. 16
und 17). In der Initialphase erleiden unter niedermolekularem Heparin ähnlich viele Patienten schwere Blutungskomplikationen wie unter konventionellem. Von
den mit fraktioniertem Heparin behandelten sterben in dieser Zeit zwei an subduralem Hämatom nach Sturz bzw. an Magenbluten, in den Vergleichsgruppen
zwei an Lungenembolien.
In beiden Studien können Patienten, die niedermolekulares Heparin erhalten, deutlich früher aus dem Krankenhaus entlassen werden (im Mittel nach 2,7
bzw. 1,1 Tagen) als mit konventionellem Heparin behandelte (im Mittel nach 8,1 bzw. 6,5 Tagen). In den Studienarmen mit niedermolekularem Heparin erübrigt
sich bei jedem dritten bzw. zweiten sogar eine stationäre Aufnahme.
Die Behandlungskosten einer proximalen tiefen Venenthrombose lassen sich mehr als halbieren, wenn die Patienten ambulant Heparin subkutan erhalten. Unter
Beachtung der Ausschlußkriterien wie vermutete oder nachgewiesene Lungenembolie, kurz zurückliegende oder häufigere venöse
Thromboembolien sowie schwerwiegende Begleiterkrankungen eignen sich jedoch höchstens ein bis zwei Drittel der Patienten für die alleinige ambulante
Behandlung. Die Patienten sind engmaschig zu überwachen (im Mittel zwei Visiten und zwei Telefonate3). Überraschenderweise beurteilen die
Patienten die Lebensqualität unter subkutaner oder intravenöser Gabe von Heparinen als gleichwertig.
FAZIT: Niedermolekulares Heparin wirkt in der ambulanten Versorgung tiefer Venenthrombosen ebenso zuverlässig wie Infusionen von Standardheparin im
Krankenhaus. Bei einem bis zwei Drittel der Patienten lassen sich durch die einfacheren Subkutaninjektionen Krankenhaustage und somit erhebliche Kosten
einsparen.
1 | LEIZOROVICZ, A. et al.: Brit. Med. J. 309 (1994), 299 |
2 | LENSING, A. W. A.: Arch. Intern. Med. 155 (1995), 601 |
3 | KOOPMAN, M. M. W. et al.: N. Engl. J. Med. 334 (1996), 682 |
4 | LEVINE, M. et al.: N. Engl. J. Med. 334 (1996), 677 |
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