In a-t 2 (1995), 12 verglichen wir kontrazeptive Wirksamkeit und Risiken empfängnisverhütender Mittel. Vorerkrankungen und besondere
Lebensumstände sind bei der Auswahl der Methode zu berücksichtigen:
Vorrang für Barrieremethoden: Nach Entbindung und solange gestillt wird, gelten Barrieremethoden als Mittel der Wahl, weil der
Östrogenanteil kombinierter hormonaler Kontrazeptiva die Milchbildung mindert und beim Einsetzen eines IUP in der Rückbildungsphase der
Gebärmutter das Perforationsrisiko erhöht ist.
Kondome für Männer mindern als einzige Maßnahme das Risiko einer Ansteckung mit dem AIDS-Virus und anderer genital übertragener
Erreger. Eine prospektive Studie untersucht die Häufigkeit der AIDS-Übertragung bei heterosexuellen Paaren, von denen Mann oder Frau HIV-infiziert
sind. Von 124 Paaren, die bei jedem vaginalen oder analen Geschlechtsverkehr Kondome benutzen, steckt sich in zwei Jahren keiner der HIV-negativen Partner
bzw. Partnerinnen an. Beunruhigend bleibt, daß 121 Paare trotz Beratung Kondome unregelmäßig verwenden. In dieser Gruppe wurde der anfangs
negative HIV-Antikörpertest innerhalb von zwei Jahren bei zwölf Personen positiv (vgl. a-t 10 [1993],
99).9 Da Kondome nicht so zuverlässig vor Schwangerschaft schützen, werden zusätzlich Ovulationshemmer oder Sterilisation
empfohlen. IUP bergen ein erhöhtes Risiko aufsteigender Infektionen. HIV-infizierte Frauen sollen daher keine IUP verwenden.2
Entscheidung zwischen Barriere und IUP: Wenn im Alter von 40 bis 45 Jahren die Fruchtbarkeit der Frau abnimmt, treten noch längere Zeit
Menstruationen und ovulatorische Zyklen auf. Neben Barrieremethoden und Kupfer-IUP gilt auch die "Minipille" als sinnvoll.2 Über
40jährige dürfen herkömmliche orale Kontrazeptiva wegen des erhöhten Thromboserisikos allenfalls bei sorgfältiger Überwachung
einnehmen und müssen auf Rauchen verzichten.
Barrieremethoden und Kupfer-IUP sind bei erheblichem Übergewicht von Vorteil, weil hormonale Kontrazeptiva hier weniger zuverlässig wirken.
Sie sind (neben der "Minipille") auch für Frauen mit tiefer Venenthrombose in der Vorgeschichte,10 Erkrankung der
Herzkranzgefäße oder koronaren Risikofaktoren zu empfehlen. Frauen mit aktiven Lebererkrankungen und chronischen
Leberfunktionsstörungen dürfen keine hormonalen Kontrazeptiva anwenden. Vorsichtshalber sollen auch Brustkrebspatientinnen und Frauen,
deren Migräne unter oralen Kontrazeptiva zunimmt, eine andere Verhütungsmethode wählen.
Hormonale Kontrazeption möglich: Für Frauen mit vorausgegangener Extrauterinschwangerschaft sind Ovulationshemmer
zweckmäßig. Bei wiederkehrenden Candida-Infektionen und sexuell übertragbaren Krankheiten können kombinierte Hormonpräparate von
Vorteil sein, da sie das Risiko von Candidosen nicht erhöhen und aufsteigende Infektionen (Eileiterentzündung) mit Chlamydia trachomatis bei
"Pillen"-Anwenderinnen seltener vorkommen als bei Frauen ohne diese Verhütungsmittel.
Frauen mit Diabetes mellitus dürfen nur dann mit Kombinationspräparaten verhüten, wenn keine Gefäßkomplikationen bestehen.
Bei Frühstadien des Gebärmutterhalskrebses (Carcinoma in situ) dürfen alle Verhütungsmittel angewendet werden, ebenso nach
überstandenen Lebererkrankungen, sofern die Laborwerte normal sind.
FAZIT: Die verschiedenen Methoden zur Schwangerschaftsverhütung erfordern eine individuelle Auswahl, bei der Zuverlässigkeit und Schutz vor
Krankheiten eine Rolle spielen. Vorerkrankungen und Lebensumstände sind zu berücksichtigen. Neu ist das Kondom für Frauen (FEMIDOM
[Schweiz u.a.]; a-t 2 [1995], 12), das aber weder zuverlässig vor Schwangerschaft noch vor HIV-Infektion zu
schützen scheint.
|