Auf den ersten Blick bestechen die Eigenschaften der als Abstillmittel angebotenen Mutterkornalkaloid-Variante Cabergolin (DOSTINEX). Im Gegensatz
zu Bromocriptin (PRAVIDEL), das 14 Tage lang eingenommen werden muß (Kosten: 40,56 DM für 30 Tbl. zu 2,5 mg), soll die einmalige Einnahme von
zwei Tabletten Cabergolin (Kosten: 49,65 DM) ausreichen. Das neue Ergotalkaloid wird mit einer Halbwertszeit von drei bis fünf Tagen
ausgeschieden1 und unterdrückt den Milchfluß in den 15 Tagen nach der Einnahme mindestens so gut wie das kurz wirkende Bromocriptin
(Halbwertszeit drei Stunden). Seltener als nach Bromocriptin setzt in den Tagen 16 bis 21 ein Rebound-Milchfluß ein (5% gegen 24%).2
Zur Behandlung der Hyperprolaktinämie (Zulassung für diese Indikation beantragt) sollen sich Vorteile der Neuerung gegenüber Bromocriptin als
etabliertem Mittel der Wahl andeuten.3 Dies läßt sich wegen der ungeklärten Langzeitverträglichkeit des neueingeführten
Ergotalkaloids nicht beurteilen.
Zum Abstillen gelten Kältepackungen, Hochbinden der Brust und symptomatische Schmerzlinderung als Standard. Sie unterbinden den Milchfluß ebenso
zuverlässig wie Arzneimittel, so daß Laktationshemmer entbehrlich und wegen ihrer Risiken bedenklich erscheinen (s. auch Seite 32). Cabergolin-
Nebenwirkungen4 einschließlich Blutdruckabfall (8%), Schwindel (bis 6%), Kopfschmerzen (bis 5%), Magen-Darm-Schmerzen (2%), Übelkeit (1,5%) sowie
Schläfrigkeit und Drehschwindel (je 1%) können der Frau erspart werden, ferner Ohnmacht, Hitzeanfälle, Nasenbluten und Hemianopsie. Die noch
geringen Erfahrungen mit Cabergolin erlauben keine Rückschlüsse auf das Potential seltener Störwirkungen. Vergleiche von Cabergolin mit
nichtmedikamentösem Abstillen fehlen, da der Hersteller Abstillen mit Dopaminagonisten irrtümlich als Standard behauptet und einen Vergleich mit
nichtmedikamentösem Abstillen "bereits in der Konzeption als nicht ethisch" bewertet.4
Schlaganfälle und Herzinfarkte mit tödlichem Ausgang bei gesunden Frauen führten in den USA und Kanada zur Marktrücknahme von
Bromocriptin als Abstillmittel (a-t 6 [1989], 55; 9 [1994], 90).6 Bedenken betreffen auch die anderen zum Abstillen angebotenen Ergotalkaloide Lisurid
(DOPERGIN) und Metergolin (LISERDOL). Für Cabergolin liegen hinreichende Sicherheitsstudien nicht vor.
FAZIT: Abstillmittel der Mutterkornreihe wie Bromocriptin (PRAVIDEL) und Cabergolin (DOSTINEX) halten wir für entbehrlich. Hochbinden der Brust und
symptomatische Schmerzlinderung sind weniger riskant. Statt der Zulassung weiterer Mutterkornderivate erwarten wir vom Bundesinstitut für Arzneimittel
Einschränkungen bzw. den Entzug der Zulassung für vorhandene Abstillmittel, weil den lebensbedrohlichen Störwirkungen dopaminerg wirksamer
Ergotalkaloide kein überlegener Nutzen gegenübersteht.
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