Kurz nach Einführung des 5-alpha-Reduktase-Hemmers Finasterid (PROSCAR; a-t 12 [1994], 114)
kommen mit Terazosin (FLOTRIN), das bislang als Hochdruckmittel erhältlich war (HEITRIN), und Alfuzosin (URION, UROXATRAL) zwei
Alpha1-Rezeptorenblocker zur symptomatischen Behandlung der gutartigen Prostatahyperplasie (BPH) auf den Markt. Das angeblich "speziell
für die BPH-Therapie"2 entwickelte Alfuzosin wurde in den 80er Jahren in Dosisfindungsstudien3,4 als Antihypertensivum
geprüft.
WIRKMECHANISMUS: Alpha-Rezeptorenblocker sollen den durch die vergrößerte Prostata behinderten Harnfluß steigern, indem sie den
sympathisch beeinflußten Tonus der glatten Muskulatur von Prostatakapsel, hyperplastischem Drüsengewebe und Blasenhals herabsetzen.5 Sie
haben keinen Einfluß auf die Größe oder das Wachstum der Vorsteherdrüse.6,7
KLINISCHE STUDIEN: In zwei kontrollierten Multizenterstudien lindern täglich 5 oder 10 mg Terazosin bzw. drei- bis viermal 2,5 mg Alfuzosin
subjektive Beschwerden besser als Plazebo.8,9 Der Einfluß auf objektive Parameter der Obstruktion bei gutartiger Prostatahyperplasie bleibt
spärlich und ist unzureichend dokumentiert:
Bei 226 Männern mit Prostataadenom steigt die maximale Harnflußrate innerhalb von 12 Wochen unter täglich 2, 5 oder 10 mg Terazosin8
um durchschnittlich 2,1, 1,7 bzw. 3 ml/sec im Vergleich zu 1 ml/sec unter Plazebo. Der Alpha-Blocker steigert die maximale Harnflußrate bei 35%, 32% bzw. 42%
der Patienten um mehr als 3 ml/sec. Das Scheinmedikament erzielt diese Wirkung immerhin bei 24%. Angaben zum Einfluß von Terazosin auf den Restharn
fehlen.
Von den 518 in eine sechsmonatige Alfuzosin-Studie9 aufgenommenen Männern mit benigner Prostatahyperplasie scheidet knapp ein Drittel
unter anderem wegen Wirkungslosigkeit oder Störeffekten vorzeitig aus. Objektive Meßgrößen wie Harnflußrate (n = 234) und
Restharnvolumen (n = 189) werden bei weniger als der Hälfte der Teilnehmer bestimmt. Der Anstieg der mittleren Harnflußrate unter Alfuzosin um 0,9
ml/sec gegenüber 0,6 ml/sec unter Plazebo ist zwar statistisch signifikant, entbehrt aber der klinischen Relevanz. Bei der maximalen Flußrate besteht in
beiden Gruppen praktisch kein Unterschied. Das mittlere Restharnvolumen sinkt von 80 ml auf 49 ml unter Alfuzosin, unter Plazebo von 88 ml auf 79,5 ml.
STÖRWIRKUNGEN betreffen 20% bis 35% der Behandelten.10 Mit typischen Alphablockereffekten wie orthostatischem Blutdruckabfall bis
hin zur Synkope ("Syndrom der ersten Dosis", daher Ersteinnahme vor dem Schlafengehen, einschleichend dosieren), Schwindel und Kopfschmerzen ist
zu rechnen.6,7 Wegen des für das Prostataadenom charakteristischen häufigen nächtlichen Wasserlassens muß der Patient wissen,
daß das Medikament die Blutdruckregulation und damit die Standsicherheit beim Aufstehen beeinträchtigen kann.6
Ferner können Tachykardie, "Herzklopfen", Brustschmerz und Ödeme auftreten. Magen-Darm-Beschwerden mit Übelkeit, Erbrechen oder
Durchfall, verstopfte Nase, Hautreaktionen wie Ausschlag oder Juckreiz sowie Impotenz sind als Anwendungsfolgen beschrieben,9,11-14 wobei sich die
Störwirkungen von Terazosin wegen der längeren Anwendung als Hochdruckmittel besser überblikken lassen. Die Alpha-Blocker verstärken
die Wirkung von Hochdruckmitteln, so daß deren Dosis ggf. zu senken ist. Alfuzosin darf nicht gleichzeitig mit Kalziumantagonisten oder mit anderen Alpha-
Rezeptorenblockern angewendet werden. Patienten mit unbehandelter Koronarinsuffizienz sollen kein Alfuzosin einnehmen. Bei Wiederauftreten oder
Verschlimmerung einer Angina pectoris ist der Alpha-Blocker abzusetzen.12,13
DOSIERUNG: Für Terazosin werden täglich 5 bis 10 mg empfohlen. Beginnend mit 1 mg/Tag in der ersten Woche, 2 mg/Tag in der
zweiten und 5 mg/Tag in der dritten und vierten Woche wird einschleichend dosiert. Nach zwei- oder mehrtägiger Unterbrechung der Einnahme ist die Dosis
erneut schrittweise zu steigern.11
Über 65jährige sollen täglich zweimal 2,5 mg Alfuzosin einnehmen. Für jüngere Männer werden täglich
dreimal 2,5 mg empfohlen.12,13 Eine einschleichende Dosierung erscheint uns ratsam.
FAZIT: Die Belege für einen Einfluß der Alpha1-Rezeptorenblocker Terazosin (FLOTRIN) und Alfuzosin (URION, UROXATRAL) auf objektive
Meßgrößen bei gutartiger Prostatahyperplasie überzeugen wenig. Subjektive Bewertungen geben im Einzelfall ein günstigeres Bild. Die
teuren Mittel (s. Kasten auf der nächsten Seite) eignen sich zur zeitlich befristeten Beschwerdelinderung bei mäßigem Abflußhindernis (a-t 11 [1991], 100). Anwender müssen mit orthostatischen Fehlregulationen bis hin zur Synkope rechnen.
Medikamente können auf längere Frist einen notwendigen operativen Eingriff nicht ersetzen.
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