Bei Drogenabhängigen, die im Rahmen einer Substitutionsbehandlung mit L-POLAMIDON behandelt werden (a-t 3 [1993], 29) und die gleichzeitig an chronischen Schmerzen wegen AIDS zum Beispiel leiden, sollte prinzipiell die
Schmerzlinderung die vorrangige Indikation darstellen. Das Vorgehen sollte sich an den Stufenplan-Empfehlungen der WHO zur Krebsschmerztherapie orientieren.
Zunächst sollte versucht werden, durch ein zusätzliches, nicht opiatartiges Analgetikum die gewünschte Wirkung zu erzielen. Ist so keine
adäquate Schmerzlinderung möglich, gibt es grundsätzlich drei Alternativen:
1. |
Erhöhung der L-POLAMIDON-Dosis. L-POLAMIDON wirkt wie jeder andere Opiatagonist analgetisch. Die
Wirkstärke ist bei parenteraler Gabe im Vergleich zu Morphin etwa vier- bis fünfmal stärker, das heißt, es wird eine vier- bis fünfmal kleinere
Dosis benötigt, um den gleichen analgetischen Effekt zu erzielen. Bei oraler Gabe ist die Bioverfügbarkeit etwas besser als bei Morphin. Die
Eliminationshalbwertszeit kann erheblich über der analgetischen Wirkdauer von fünf bis acht Stunden liegen. Bei Einmalgabe beträgt die
Eliminationshalbwertszeit 15 bis 18 Stunden, die bei chronischer Gabe auf bis zu 50 Stunden ansteigen kann. Daraus ergibt sich, daß L-POLAMIDON nur unter
Berücksichtigung dieser pharmakokinetischen Besonderheit verordnet werden sollte, da bei kurzfristiger, wiederholter Gabe durch Kumulation toxische
Wirkstoffkonzentrationen auftreten können, die zu Sedierung und Atemdepression führen können.
|
2. |
Ersatz des L-POLAMIDON durch ein anderes geeignetes Opiat. Der Ersatz des L-POLAMIDON durch einen
anderen Opiatagonisten, zum Beispiel Morphin, ist bei starken Schmerzen sinnvoll. Einerseits bestehen für Morphin die oben genannten
Dosiseinschränkungen nicht, andererseits ist der Substitutionseffekt praktisch als Nebenwirkung automatisch gegeben.
|
3. |
Gabe eines zusätzlichen Opiates. Die Gabe eines zusätzlichen Opiatanalgetikums ist weniger sinnvoll,
da hier ebenfalls mit unvorhersehbaren Interaktionen gerechnet werden muß. So wird beispielsweise bei der zusätzlichen Gabe eines Partialagonisten eher
die Rate der Nebenwirkungen ansteigen, ohne daß gleichzeitig eine Vertiefung der Analgesie erreicht wird. Dringend abzuraten ist von der zusätzlichen
Gabe eines agonistisch/ antagonistisch wirkenden Analgetikums, da durch die antagonistische Komponente akute Entzugssymptome ausgelöst werden
können.
|
M. HEPPER (Arzt)
67150 Niederkirchen
Es ist keineswegs selbstverständlich, daß sich mit jedem anderen Opioid der gleiche Effekt wie mit Methadon erreichen läßt. Partielle Agonisten
wie das Buprenorphin haben einen "cealing-effect", der bereits deutlich unterhalb der angesprochenen Substitutionsdosis von 50 mg L-Polamidon in
seinem Dosisäquivalent einsetzt.
Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß eine erhöhte Morphinmenge ebenfalls bei einem heroinabhängigen Patienten euphorisierend wirkt.
Die schlechte Fettlöslichkeit von Morphin, die langsame Anflutung im Gehirn und die ohnehin gering ausgeprägte Euphorisierung im Vergleich zum Heroin
lassen dies als äußerst unwahrscheinlich erscheinen.
Prof. Dr. med. M. ZENZ
Berufsgenossenschaftliche Krankenanstalten Bergmannsheil
W-4630 Bochum 1
Die Diskussion darüber, wie man eine 34jährige HIV-Infizierte mit einem Adenokarzinom der Lunge, deren Tage wohl gezählt sind, vom Heroin
abbringen kann (a-t 3 [1993], 29 und 5 [1993], 48), zeigt die
Verunsicherung der Ärzte im Umgang mit Opiaten. Die meisten Ärzte wollen erst gar nichts mehr mit BTM-Rezepten zu tun haben und fordern keine an,
wegen der damit verbundenen Scherereien. Schmähungen von Schreibtischkollegen aus München (Südd. Ztg. Nr. 243 [1992]: "Dealer in
Weiß") ... bewirken ein übriges, Scherereien aus dem Wege zu gehen durch Nicht-Verordnung.
Die Leidtragenden im wahren Sinne des Wortes sind die Schmerzgeplagten, die schlaflosen Alten etc. Überdiagnostik und Übertherapie um jeden Preis
und ohne Rücksicht auf das Befinden macht Schule. Lebensqualität als Therapieziel wird oft nicht mehr vorangestellt. Der o.g. existierende Fall mag als
beispielhaft gelten für die gewagte These: Heroin auf Krankenschein.
Dr. med. J. K. WENDL
W-2000 Wedel
Auf die Anfrage des Kollegen JEHSER, ob bei Methadon-Substituierten eine analgetische Behandlung mit Piritramid (DIPIDOLOR), Buprenorphin (TEMGESIC) oder
Morphin möglich ist, teilen Sie ihm korrekt mit, daß hierfür höhere als die üblichen Dosen erforderlich sind (vgl. a-t 3 [1993], 29). Wichtig wäre es aber auch gewesen, darauf hinzuweisen, daß partielle Opiatantagonisten wie
Buprenorphin bei diesen Patienten Entzugssymptome auslösen und deshalb kontraindiziert sind.
J. F. GRÜNER (Arzt für Neurologie/Psychiatrie)
W-6000 Frankfurt 70
|