Mitte März rief eine Vertreterin der Fa. Cascan einen Herausgeber unseres Blattes an, um zu einer wichtigen Podiumsveranstaltung für die
Fachpresse über den therapeutischen Stellenwert oraler Cephalosporine einzuladen. Wegen der zunehmenden Resistenz gegenüber Tetrazyklinen
gäbe es neue Therapieempfehlungen zur Behandlung der Pneumonie in der Praxis. Dies würde auf dem Podium von Professor LODE und weiteren
Fachleuten erläutert.
Man sei bemüht, auch kritische Stimmen im Publikum zu haben, deshalb wolle man Professor SCHWABE als Herausgeber des "Arzneiverordnungs-
Report" und Professor SCHÖNHÖFER einladen.
Mit Unverständnis wurde der höfliche Hinweis zur Kenntnis genommen, daß es eine Zumutung sei, jemanden in der Funktion als
"Abnicker" von Meinungsäußerungen für von Herstellern finanzierte Redner einzuladen. Auch der Hinweis, daß es sich bei den
primären Resistenzen von Pneumokokken gegenüber Tetrazyklinen um ein altbekanntes Phänomen handelt und daß deshalb Amoxicillin
(AMOXYPEN u.a.) seit langer Zeit Mittel der Wahl sei, vermochte die geplante Werbeveranstaltung nicht in Frage zu stellen.
Nun ist das Marketingziel erreicht: "Plädoyer für orales Cephalosporin beim akuten Schub der chronischen Bronchitis", so liest man es in der
Ärzte Zeitung vom 6. April 1992. Nach Professor LODE, Berlin, sind Tetrazykline "out", weil Pneumokokken "in nicht unerheblichem Maß
gegen Tetrazykline resistent geworden sind", und Professor KNOTHE kartet für Co-trimoxazol (BACTRIM u.a.) nach, weil "sowohl die
hämolysierenden Streptokokken als auch die Pneumokokken nicht optimal auf Co-trimoxazol ansprechen". Deshalb seien ab sofort orale Cephalosporine
zwingend erforderlich, aber selbstverständlich seien ältere Substanzen Cefalexin (ORACEF u.a.) und Cefadroxil (BIDOCEF) auszunehmen. Wen wundert
das? Der Sponsor Cascan vertreibt das neue und teure Cefuroximaxetil (ELOBACT).
Einen Tag später stellt Professor LODE fest, "daß mit Makrolidantibiotika über 90% der Erreger von ambulant erworbenen Pneumonien zu
erfassen sind" (Ärzte Ztg. vom 7. April 1992). Diesmal also ein Plädoyer für teure Makrolidneuheiten wie Roxithromycin (RULID) und
Clarithromycin (CYLLIND, KLACID). Ein anderer Sponsor?
"Therapie-Empfehlungen" sind eine ärztliche Aufgabe, die von der Verantwortung für den Patienten geprägt ist, und nicht Aufgabe
von Arzneimittelanbietern, die an Absatzförderung interessiert sind. Schade, daß renommierte Fachkollegen dies übersehen und
pseudowissenschaftliche Absatzförderung unterstützen, insbesondere wenn sie innerhalb weniger Tage sich widersprechende Empfehlungen
abgeben.
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