Mundtrockenheit (Xerostomie) durch verminderte oder aufgehobene Speichelproduktion betrifft vor allem ältere Personen. Das SJÖGREN-Syndrom
(Keratokonjunktivitis sicca), Bestrahlungen der Speicheldrüsen und Medikamente können die Speichelproduktion herabsetzen.1
Zu Mundtrockenheit führen beispielsweise Anticholinergika und andere anticholinerg wirkende Mittel wie Antidepressiva, Neuroleptika, Antiparkinsonmittel und
Antihistaminika sowie Glukokortikoide, Antihypertensiva, Betablocker, Kalziumantagonisten, Diuretika, Ulkusmittel wie Omeprazol (ANTRA) und Pirenzepin
(GASTROZEPIN u.a.), Antiepileptika wie Carbamazepin (TEGRETAL u.a.), Antiemetika, Koffein, Nikotin, Hypnotika, Sedativa wie Benzodiazepine, Penizilline
(pelzige Zunge) und Retinoide (trockene Lippen).1
Der Speichelmangel kann Kauen, Schlucken, Schmecken, Sprechen und den Schlaf beeinträchtigen. Die Betroffenen wollen, vor allem nachts, vermehrt Wasser
trinken. Die Empfindlichkeit von Gaumen und Mundschleimhaut gegenüber Verletzungen nimmt zu mit der Folge von Schleimhautulzera, oraler Candidiasis und zum
Teil erheblichem Kariesbefall.1,2 Wer an Mundtrockenheit leidet, sollte sich daher möglichst zuckerfrei ernähren.
Symptomatisch empfiehlt es sich, den Mund häufig zu befeuchten und durch Kauen den Speichelfluß zu fördern, z. B. durch Essen von Karotten oder Sellerie oder
durch Kauen zuckerfreier Kaugummis. Eine sorgfältige Medikamentenanamnese ist ratsam, um gegebenenfalls Arzneimittel abzusetzen, die Mundtrockenheit
begünstigen (s. Kasten). Die Speichelproduktion normalisiert sich oft rasch nach Absetzen der verantwortlichen Medikamente.1
Bleibt ein Erfolg der o.g. Maßnahmen aus, läßt sich die Speichelproduktion medikamentös fördern. An 31 Patienten wurde der Nutzen des Parasympathomimetikums
Pilokarpin im Hinblick auf Speichelfluß der großen Speicheldrüsen und subjektive Veränderungen untersucht.2 Die Patienten nahmen im
Beobachtungszeitraum von 6 Monaten über 5 Monate dreimal täglich 5 mg Pilokarpin und einen Monat lang Plazebo. Die Speichelproduktion verbesserte sich
deutlich bei 21 (68%) der 31 Patienten. 27 (87%) verspürten eine subjektive Verbesserung hinsichtlich Trockenheit im Mund, Sprechen, Kauen und Schlucken.
EKG, Herzfrequenz und Blutdruck blieben unverändert. Insgesamt traten bei 26 (84%) Personen unerwünschte Wirkungen auf wie Schwitzen, Hitzewellen,
vermehrter Harndrang und häufiges Wasserlassen, gesteigerte Tränen- und Nasenschleimhautsekretion sowie leichtere gastrointestinale Störwirkungen. Zwei
Patienten brachen die Pilokarpin-Einnahme nach der ersten Woche wegen abdominaler Krämpfe und Übelkeit ab.
Voraussetzung für die Anwendung von Pilokarpin ist eine noch vorhandene Restfunktion der Speicheldrüsen und eine intakte Innervierung. Bei fehlendem
Ansprechen auf Geschmacksreize wie Zitronensäure ist kein Nutzen von Pilokarpin zu erwarten.2
Bei ausbleibender Speicheldrüsenrestfunktion kann der Mund durch künstlichen Speichel wirksam befeuchtet werden,1 beispielsweise durch Carmellose-
haltige Speichelpräparate (GLANDOSANE u.a.).
FAZIT: Vor allem ältere Personen leiden an verminderter oder fehlender Speichelproduktion. Mundtrockenheit (Xerostomie) beeinträchtigt alltägliche Funktionen
wie Kauen, Schlucken, Sprechen und Schlaf. Die Betroffenen haben häufig Schleimhautulzera und Karies.
Bei der Suche nach der Ursache sind zahlreiche Medikamente zu berücksichtigen. Häufiges Mundbefeuchten und Kauen von Karotten, Sellerie oder zukkerfreien
Kaugummis fördern die Speichelproduktion. Diese läßt sich auch durch Einnahme von Pilokarpin verbessern. Voraussetzung für die Wirksamkeit des
Parasympathomimetikums ist eine noch vorhandene Restfunktion der Speicheldrüsen.
1 | Med. Letter 30 (1988), 74 / ati d |
2 | FOX, P. C. et al: Arch. Intern. Med. 151 (1991), 1149 |
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