COVID-19-STUDIEN ZURÜCKGEZOGEN ZU HYDROXYCHLOROQUIN UND CHLOROQUIN BZW. ACE-HEMMERN UND SARTANEN
Die Autoren von zwei großen Registerstudien1,2 zur Behandlung bzw. möglichen Gefährdung von Patienten mit COVID-19 haben jetzt ihre Publikationen zurückgezogen. Es geht um die Sicherheit der Anwendung von Chloroquin (nur noch als Import: RESOCHIN) und Hydroxychloroquin (QUENSYL, Generika) bzw. von ACE-Hemmern und Sartanen, über die auch wir berichtet haben (blitz-a-t vom 26. Mai 2020 bzw. a- t 2020; 51: 39-40).3,4 Als Reaktion auf die in einer der Arbeiten berichtete signifikant erhöhte Mortalität unter den Malariamitteln hatte unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO den Studienarm zu Nutzen und Sicherheit von Hydroxychloroquin bei COVID-19 in der von ihr initiierten randomisierten SOLIDARITY-Studie vorübergehend unterbrochen.5 In einem offenen Brief äußerten jedoch 201 internationale Wissenschaftler massive Bedenken an der Beobachtungsstudie zu den Malariamitteln. Wesentliche Angaben in der Arbeit, zum Beispiel zur Dosierung von Hydroxychloroquin, erscheinen ihnen unplausibel.6 Unklar erscheint zudem, wie die nach eigenen Angaben mit elf Mitarbeitern kleine Firma7,8 Surgisphere, auf deren Daten beide Studien beruhen sollen, ein derartiges Register mit hunderten von Kliniken aufgebaut haben will.8
Eine geplante unabhängige Überprüfung war nicht möglich, da Surgisphere die Rohdaten unabhängigen Gutachtern nicht zur Verfügung stellt.3 Auch die Autoren selbst sollen keinen Zugang zu den Rohdaten erhalten haben.4 Dies ist jedoch eine Grundvoraussetzung, um auch schon vor einer Publikation zuverlässige Ergebnisse sicherzustellen. Die WHO kündigte inzwischen an, die Untersuchung von Hydroxychloroquin in der SOLIDARITY-Studie fortzuführen, nachdem ein Sicherheitskomitee nach Auswertung der Mortalitätsdaten in SOLIDARITY keine Gründe sieht, das Studienprotokoll zu ändern.9
Unsere Einschätzung, Chloroquin und Hydroxychloroquin bei COVID-19 nur im Rahmen randomisierter klinischer Studien zu verwenden, um potenzielle Schäden angesichts fehlender Nutzenbelege zu vermeiden und auch einer Verknappung des für die Behandlung von Kollagenosen wichtigen Hydroxychloroquins zu begegnen, bleibt allerdings unverändert. Dies gilt auch für unsere Bewertung von ACE-Hemmern und Sartanen. Weiterhin sehen wir keinen Beleg für die Hypothese eines schädlichen Effekts der Mittel bei COVID-19, –Red.
1 | MEHRA, M.R. et al.: Lancet, online publ. am 22. Mai 2020; https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31180-6 |
2 | MEHRA, M.R. et al.: N. Engl. J. Med., online publ. am 1. Mai 2020 (8 Seiten); https://doi.org/10.1056/NEJMoa2007621 |
3 | MEHRA, M.R. et al.: Lancet, online publ. am 4. Juni 2020; http://www.a-turl.de/?k=ornw |
4 | MEHRA, M.R. et al.: N. Engl. J. Med., online publ. am 4. Juni 2020; https://doi.org/10.1056/NEJMc2021225 |
5 | WHO: Media Briefing on COVID-19 vom 25. Mai 2020; http://www.a-turl.de/?k=remk |
6 | WATSON, J. et al.: An open letter to Mehra et al and The Lancet, 28. Mai 2020; https://doi.org/10.5281/zenodo.3862788 |
7 | OFFORD, C: The Scientist, 30. Mai 2020; http://www.a-turl.de/?k=chtm |
8 | DAVEY, M. et al.: The Guardian, 3. Juni 2020; http://www.a-turl.de/?k=obro |
9 | WHO: WHO Director-General's opening remarks at the media briefing on COVID-19, 3. Juni 2020; http://www.a-turl.de/?k=yrit |
© 2020 arznei-telegramm, publiziert am 5. Juni 2020
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