Senkung des Augeninnendrucks zur Prophylaxe
und Therapie des Glaukoms: Das Offenwinkelglaukom geht mit Verlust retinaler Ganglienzellen und Atrophie des Sehnervs einher und kann zu Blindheit
führen. Erhöhter Augeninnendruck ist zwar ein wichtiger Risikofaktor, führt jedoch nur bei einer Minderheit zur Entwicklung des "grünen
Stars". Andererseits kann der Augeninnendruck bei manifestem Glaukom auch im Normbereich liegen. Therapeutisch wird unabhängig vom Ausgangswert
eine Senkung des Augeninnendrucks empfohlen (WEINREB, R.N., KHAW, P.T.: Lancet 2004; 363: 1711-20). Bis vor wenigen Jahren gab es für den Nutzen
der Drucksenkung allerdings hauptsächlich indirekte Belege (a-t 2002; 33: 27-30). Eine systematische
Übersicht untersucht jetzt die Daten zum Einfluss dieser Maßnahme auf Neuentwicklung oder Fortschreiten typischer glaukomatöser
Gesichtsfeldausfälle oder Sehnervschäden. Berücksichtigt werden nur randomisierte Studien über mindestens ein Jahr, die eine Drucksenkung
gegen Nichtbehandlung prüfen. Fünf Studien mit insgesamt 2.326 Patienten untersuchen den prophylaktischen Effekt auf die Entwicklung
glaukomatöser Schäden bei erhöhtem Augeninnendruck. In drei Studien wird Timolol (CHIBRO-TIMOPTOL u.a.) verwendet, in den übrigen
beiden verschiedene Augeninnendruck-senkende Mittel. Mehr als 1.600 Patienten stammen aus einer einzigen Untersuchung, die ausschließlich Patienten mit
deutlicher Erhöhung des Augeninnendrucks (über 24 mmHg) einschließt. Etwa 20% der unbehandelten Patienten entwickeln innerhalb von fünf
Jahren ein Glaukom. Die Drucksenkung mindert das Risiko um 44% (Hazard Ratio [HR] 0,56; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,39-0,81). Etwa 12 Patienten müssen
fünf Jahre lang behandelt werden, um die Entwicklung eines Glaukoms zu verhindern. Zwei Studien mit 400 Patienten untersuchen den Effekt eine
medikamentösen oder chirurgischen Drucksenkung bei manifestem Glaukom. Unter Behandlung sinkt das Risiko für eine Progression um 35%
(HR 0,65; 95% CI 0,49-0,87). Da bei rund 60% der Unbehandelten die Glaukomschäden innerhalb von fünf Jahren fortschreiten, müssen nach
Berechnung der Autoren ungefähr sieben Patienten behandelt werden, um bei einem die Progression zu verhindern. Wegen zu geringer Patientenzahl erreicht
die Risikoreduktion in der Subgruppe der Glaukompatienten ohne erhöhten Augeninnendruck keine statistische Signifikanz (MAIER, P.C. et al.: BMJ 2005;
331: 134-36). Der Nutzen einer Drucksenkung scheint somit weitgehend abgesichert zu sein. Er ist jedoch begrenzt und kann, wie die Autoren bemerken, wegen
der Patientenselektion und Abbruchraten bis über 20% im klinischen Alltag noch geringer ausfallen. Die Untersuchung gibt zudem keine Auskunft über
den therapeutischen Stellenwert neuer Glaukommittel (Prostaglandinderivate, Karboanhydrasehemmer) im Vergleich zu älteren (Betablocker u.a.), -Red.
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