VORTEIL VON ATORVASTATIN BEI | ||||
* Vorversion am 13. Sept. 2005 als blitz-a-t veröffentlicht. Die im vergangenen Jahr publizierte PROVE IT**-Studie bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom lässt einen Vorteil von täglich 80 mg Atorvastatin (SORTIS) gegenüber Pravastatin (PRAVASIN u.a.) in Standarddosis (40 mg) erkennen. Bei frühzeitiger Einnahme nach dem akuten Ereignis soll das Risiko, innerhalb von zwei Jahren zu sterben oder eine vaskuläre Komplikation zu erleiden, von 26,3% auf 22,4% sinken. Unklar bleibt, ob die Ergebnisse auf die hohe Dosis oder besondere Stoffeigenschaften von Atorvastatin zurückzuführen sind. Unklar bleibt auch, ob eine Therapiedauer von zwei Jahren tatsächlich erforderlich ist. Gemäß Subgruppenanalysen profitieren zudem nur jüngere Patienten ohne ST-Hebungsinfarkt und ohne Statinvorbehandlung.1 Uns erschien auf der Basis der PROVE IT-Studie eine zweijährige Hochdosistherapie mit Atorvastatin allenfalls für diese Patienten vertretbar (a-t 2004; 35: 41-2).
Jetzt äußert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Rahmen einer vergleichenden
Nutzenbewertung der Statine Zweifel an der Validität der PROVE IT-Daten.2 Das Institut findet beträchtliche Ungereimtheiten in den Angaben zur
Zahl der Patienten, die bei der Nachbeobachtung verloren gingen. Im Text der PROVE IT-Studie heißt es, dass - bei geplanter und anscheinend auch
eingehaltener Mindestbeobachtungszeit von 18 Monaten - nur 8 (0,2%) der 4.162 Patienten verloren gingen. Dagegen fehlen nach den Daten einer Grafik, die die
Ergebnisse wiedergibt, bereits nach 12 Monaten etwa 267 Teilnehmer. Diese Zahl überwiegt bei weitem die für den primären Endpunkt als Ergebnis
angegebene Differenz zwischen Atorvastatin und Pravastatin von absolut 3,9% oder circa 80 Ereignissen. Nimmt man an, dass tatsächlich mindestens 267
Patienten aus der Nachbeobachtung herausgefallen sind, hält das Ergebnis einer so genannten Worst-case-Analyse*** nicht stand. Die Angabe, dass nur 8
Patienten verloren gegangen sind, steht außerdem im Widerspruch zu einer späteren Veröffentlichung3 der Autoren, in der von 63 Patienten
die Rede ist, die ihre Einwilligung in die Nachbeobachtung zurückgezogen haben.2
Mit der PROVE IT-Studie kippt die zentrale Säule in der Argumentation des Atorvastatin-Herstellers Pfizer, der im Streit um die seit Jahresbeginn für CSE- Hemmer geltenden Festbeträge für sein Statin einen Sonderstatus beansprucht (a-t 2004; 35: 135-6). Wie die Nutzenbewertung des IQWiG auf der Basis randomisierter kontrollierter Doppelblindstudien mit klinischen Endpunkten bestätigt, liegen bei stabiler koronarer Herzkrankheit ohnehin für Pravastatin (PRAVASIN u.a.) und Simvastatin (DENAN u.a.), bei Diabetes für Simvastatin die besseren Nutzenbelege vor.2 |
| (R = randomisierte Studie)
| |
R | 1 | CANNON, C.P. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 350: 1495-504 |
2 | Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Nutzenbewertung der Statine unter besonderer Berücksichtigung von Atorvastatin, 15. Aug. 2005; zu finden über http://www.iqwig.de | |
3 | CANNON, C.P. et al.: N. Engl. J. Med. 2004; 351: 714-7 | |
4 | SCHÜSSEL, K.: Pharm. Ztg. 2005; 150: 3410-3 |
Autor: Redaktion arznei-telegramm - Wer wir sind und wie wir arbeiten
Diese Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit Genehmigung des arznei-telegramm® gestattet.