* Vorversion am 16. Februar 2005 als blitz-a-t veröffentlicht.
Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA erwägt, künftig mit einem besonders hervorgehobenen Warnhinweis ("black box") auf
ein mögliches Krebsrisiko der Neurodermitis (atopische Dermatitis)-Externa Pimecrolimus (DOUGLAN, ELIDEL; a-t 2004; 35: 42-3) und Tacrolimus (PROTOPIC; a-t 2002; 33: 50-1) bei Kindern aufmerksam zu machen.
Unterstützung erhält die Behörde dabei von einem sie beratenden externen Expertengremium, das die Maßnahme nahezu einstimmig
befürwortet.1,2
Hintergrund sind eine steigende Zahl von Berichten über Krebs in Verbindung mit den beiden Immunsuppressiva sowie neue tierexperimentelle Daten.1
Derzeit liegen der Behörde 19 Meldungen zu Krebs unter örtlicher Anwendung von Tacrolimus vor sowie 10 entsprechende Berichte zu Pimecrolimus,
darunter Lymphome und Hauttumoren.3,4
Bei oraler oder parenteraler Anwendung von Immunsuppressiva einschließlich des in der Transplantationsmedizin verwendeten Tacrolimus (PROGRAF) ist eine
Zunahme von Krebserkrankungen bekannt, vor allem von Lymphomen. Pimecrolimus ist bislang ausschließlich als Externum erhältlich. Unter einer derzeit
erprobten oralen Zubereitung werden jedoch im Tierversuch ebenfalls Lymphome beobachtet, und zwar unter allen geprüften Dosierungen. Eine perorale Dosis,
bei der kein Effekt auftritt (no effect level), lässt sich nicht angeben. Mitarbeiter der FDA beurteilen die immunsuppressiven Effekte beider Externa bei Tieren, die
sich vorzugsweise im Auftreten von Lymphomen manifestieren, als überzeugend und gleichsinnig ("strong, consistent and compelling"). Die
Lymphomentwicklung steigt demnach mit der kumulativen Dosis.1 Während die Hersteller darauf verweisen, dass eine erhöhte Rate an
Lymphomen unter der Anwendung von Pimecrolimus und Tacrolimus im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nicht belegt sei,5,6 hält die FDA einen
deutlichen Warnhinweis im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes für geboten, da bis zu einer definitiven Klärung der möglichen
Kanzerogenität auch für den Menschen Jahre vergehen können.1
Sowohl Pimecrolimus als auch Tacrolimus haben in den USA lediglich Reservestatus. Insgesamt steigende Verordnungszahlen und zunehmender Gebrauch bei
Kindern einschließlich Kleinkindern unter zwei Jahren, für die die beiden Externa nicht zugelassen sind, weisen jedoch auf eine wesentlich breitere
Verwendung hin. Dies wird von der FDA auf die aggressive Vermarktung zurückgeführt. Das mögliche Krebsrisiko gefährdet aber vor allem
Kinder, bei denen nach örtlicher Anwendung der Immunsuppressiva häufiger messbare Blutspiegel gefunden werden als bei Erwachsenen. Für
systemische immunsuppressive Effekte spricht auch, dass in klinischen Studien bei Kindern eine erhöhte Inzidenz bestimmter Infektionen im Vergleich zur
Cremegrundlage dokumentiert ist.1
Hierzulande darf Pimecrolimus ohne Einschränkung bei Kindern ab zwei Jahren verwendet werden, während Tacrolimus wie in den USA lediglich
Reservestatus hat. Vor allem Pimecrolimus wird entgegen den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes wiederholt direkt bei Laien beworben (a-t 2004; 35: 91-2) und die Anwendung bei Säuglingen auf Internetseiten des ELIDEL-Herstellers Novartis,7
im Fernsehen8 bzw. durch den deutschen Neurodermitis Bund9 propagiert. Dem steht ein dürftig dokumentierter Nutzen gegenüber: Der klinische
Bedarf für Pimecrolimus sei angesichts des Fehlens entscheidender Vergleichsstudien unklar, lautet das Fazit einer aktuellen, methodisch sorgfältigen
Metaanalyse.10 Für beide Externa fehlen zudem Belege für einen langfristigen Sicherheitsvorteil gegenüber topischen
Steroiden.10
Wir fordern Reservestatus für beide Immunsuppressiva, Beschränkung auf ausschließlich kurzfristige Anwendung sowie einen deutlichen
Warnhinweis auf das mögliche Krebsrisiko. Ein Verbot des Gebrauchs bei Kindern ist zu erwägen, -Red.
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