Werden Nahrungsergänzungen gebraucht? Jeder fünfte Erwachsene konsumiert hierzulande mindestens einmal wöchentlich
ein Mineralstoff- oder Vitaminpräparat (MENSINK G.B.M., STRÖBEL, A.: Gesundheitswesen 1999; 61: Sonderheft 2, S132-7). Anbieter von
Nahrungsergänzungsmitteln schüren beim Verbraucher die Furcht, nicht ausreichend mit lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt zu sein - trotz des
vielfältigen ganzjährigen Angebots von Obst und Gemüse. Aktuell kursiert eine Tabelle, der zufolge heutzutage der Vitamingehalt von Obst und
Gemüse deutlich geringer sei als früher (zu finden unter www.google.de: Vitamine Obertal Geigy). Beim Vergleich mit den Originaldaten der inzwischen
acht Jahre alten Stichprobenanalyse einer Privatklinik im Schwarzwald (NIESTROJ, I.: Schreiben vom 27. Jan. 2004) ergibt sich, dass die Tabelle jeweils den
niedrigsten gemessenen Wert aufführt. Auf Grund unterschiedlicher Aufschluss- und Analysemethoden ist zudem laut Deutscher Gesellschaft für
Ernährung (DGE) ein Vergleich zwischen alten und neuen Analyseergebnissen kaum möglich. Mangels gut kontrollierter Langzeituntersuchungen zum
Nährstoffgehalt von Lebensmitteln verweist die DGE Aussagen hierüber in den Bereich der Spekulation (Ernährungs-Umschau 1999; 46: 452-4).
Vergleichsuntersuchungen zwischen konventionell und kontrolliert ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln ergeben ebenfalls keine eindeutigen Unterschiede im
Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen* (BOURN, D.; PRESCOTT, J.: Crit. Rev. Food Sci. Nutr. 2002; 42: 1-34). Nach dem 1998 vom Robert Koch-Institut
durchgeführten Ernährungssurvey ist die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen durch die Nahrung
grundsätzlich ausreichend. Bei manchen Stoffen wie Vitamin D und Folsäure entspricht die Zufuhr zwar nicht den jeweiligen Empfehlungen der DGE. Dies
bedeutet jedoch nicht, dass für diese Nährstoffe eine Mangelversorgung vorliegt, da die DGE-Empfehlungen einen Sicherheitszuschlag von bis zu 50%
beinhalten (MENSINK, G. et al.: "Was essen wir heute?", Robert Koch-Institut, Berlin 2002; ders.: Gesundheitswesen 1999; 61: Sonderheft 2 S200-6). Ein
tatsächlicher Vitaminmangel kommt in Deutschland nur selten vor, z.B. bei sehr einseitiger Ernährung, Stoffwechselstörungen oder
Malabsorptionssyndromen. Dann ist eine gezielte Substitution mit Arzneimitteln erforderlich. Bei Gesunden halten wir den Gebrauch von Vitamin- oder
Mineralstoffpräparaten generell für unnötig. Auch können Nahrungsergänzungsmittel ausgewogene Ernährung nicht ersetzen. Das
Robert Koch-Institut empfiehlt sie ebenfalls nicht (MENSINK, G.: ÖKO-TEST Kompakt 10: Vitamine & Mineralstoffe vom 26. Jan. 2004, Seite 13). Ausnahmen
sind unseres Erachtens die Supplementierung von Folsäure bei Frauen mit Kinderwunsch und in der Schwangerschaft bzw. von Vitamin D bei Säuglingen
sowie die Verwendung von jodiertem Speisesalz. Vitamin D plus Kalzium kommt unseres Erachtens auch für frakturgefährdete ältere Menschen mit
hohem Risiko eines zumindest subklinischen Vitamin-D-Mangels in Betracht, z.B. für hoch betagte, an das Haus gebundene Frauen (a-t 1999; Nr. 4: 42-4), -Red.
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