Verursacht Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) Pankreaskarzinome? Eine Kohortenstudie, die einen Zusammenhang der
regelmäßigen Einnahme von Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN u.a.) mit dem Auftreten von Pankreaskarzinomen erkennen lässt, hat in den
Medien große Beachtung gefunden. Im Rahmen der seit 1976 laufenden Nurses Health Study werden insgesamt 88.378 Frauen prospektiv in zweijährigen
Abständen zu ihrem ASS-Konsum befragt. Wöchentlicher Gebrauch von mindestens zwei Tabletten mit einer Standarddosis von 325 mg gilt als
"regelmäßig". Minidosen zur Gerinnungshemmung werden entsprechend umgerechnet. Für Teilnehmerinnen, die bei der ersten Befragung
1980 eine regelmäßige Einnahme angeben, findet sich retrospektiv ein erhöhtes relatives Risiko (RR) für das Auftreten eines
Pankreaskarzinoms (RR = 1,43; 95% Vertrauensintervall [CI] 1,05 bis 1,95). In der darauf folgenden 18-jährigen Beobachtungszeit errechnet sich zwar kein
erhöhtes Risiko für die Gesamtgruppe mit regelmäßigem fortbestehenden ASS-Gebrauch. Die Krebsinzidenz steigt jedoch mit zunehmender
Dauer der Einnahme und Dosis an. Das höchste Risiko wird für Frauen berechnet, die eine mehrjährige Einnahme von mindestens 14
Standarddosierungen ASS pro Woche angeben (RR = 1,86; 95% CI 1,03 bis 3,35; SCHERNHAMMER, E. et al.: J. Nat. Cancer Inst. 2004; 96: 22-8). Die Studie ist
methodisch gut durchgeführt und berücksichtigt zahlreiche Störfaktoren und Einflüsse. Als mögliche Erklärung für das
erhöhte Risiko wird die Förderung einer chronischen Entzündung in der Bauchspeicheldrüse durch ASS diskutiert. Die Daten sind jedoch
zurückhaltend zu interpretieren. Andere Kohorten- und Fall-Kontrollstudien zu dieser Frage mit zum Teil ebenso großen Patientenzahlen kommen zu
widersprechenden Ergebnissen. Eine Metaanalyse von drei Kohorten- bzw. Fall-Kontrollstudien lässt keinen Einfluss von ASS auf die Inzidenz eines
Pankreaskarzinoms erkennen (RR = 0,69; 95% CI 0,40 bis 1,20; GONZÀLES-PÉREZ, A. et al.: BMC Cancer 2003; 3: 28). Für andere
gastrointestinale Karzinome wie Darm- oder Magenkrebs senkt ASS-Einnahme möglicherweise das Risiko. Die Daten sind somit inkonsistent. Ein
geänderter therapeutischer Stellenwert von ASS kann aus diesen Studien nicht abgeleitet werden. Für Patienten, die zur Prävention
kardiovaskulärer Ereignisse ASS einnehmen, ändert sich die Schaden-Nutzen-Einschätzung derzeit nicht, -Red.
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