Zwei Jahre nach Einführung von Peginterferon alfa-2b (PEGINTRON; a-t 2000; 31: 61-2) ist im Juli
2002 das zweite pegylierte Interferon, Peginterferon alfa-2a (PEGASYS), zur Therapie der histologisch gesicherten Hepatitis C auf den deutschen Markt gekommen.
Beide sollen mit dem Virustatikum Ribavirin (REBETOL) kombiniert werden, und zwar sowohl bei bisher unbehandelten Patienten über 18 Jahren als auch bei
Rückfall nach initialem Ansprechen auf eine Therapie mit (unpegyliertem) Interferon alfa. Monotherapie soll nur noch bei Unverträglichkeit oder
Gegenanzeige gegen Ribavirin in Betracht kommen. Bei schweren Leberfunktionsstörungen bzw. dekompensierter Leberzirrhose besteht
Kontraindikation.1
In den USA zieht sich das Zulassungsverfahren länger hin als erwartet, offenbar wegen offener Fragen der Arzneimittelbehörde FDA an den
Hersteller.2
EIGENSCHAFTEN: Pegyliertes, das heißt mit Polyethylenglykol konjugiertes Interferon alfa-2a hat eine deutlich längere
Halbwertszeit als unverändertes Interferon. Peginterferone alfa brauchen statt dreimal wöchentlich nur einmal wöchentlich subkutan injiziert zu
werden.
WIRKSAMKEIT: Die vier zulassungsrelevanten Studien umfassen Daten von insgesamt 2.590 zuvor unbehandelten Patienten über 18 Jahre mit
nachgewiesener Hepatitis C.1 Primärer Endpunkt ist die Kombination der beiden Surrogatparameter Virus-RNA unterhalb der Nachweisgrenze
und Normalisierung des GPT-Wertes 72 Wochen nach Beginn einer 48-wöchigen Therapie (anhaltendes virologisches bzw. biochemisches
Ansprechen).
Drei Studien - davon nur zwei veröffentlicht3,4 - werden als offene Monotherapiestudien durchgeführt, in denen 1.441 Patienten
entweder mit Peginterferon alfa-2a oder mit unpegyliertem Interferon alfa-2a (ROFERON-A) behandelt werden. Eine der veröffentlichten Monotherapiestudien
schließt nur Patienten mit beginnender bzw. nicht dekompensierter Leberzirrhose ein.3 Peginterferon alfa-2a ist in der Dosierung von 180 µg pro
Woche durchweg überlegen: Den primären Endpunkt erreichen 30% der zirrhotischen Patienten, unter konventionellem Interferon 8%. In der anderen
Studie sind es bei nicht ausschließlich zirrhotischen Patienten 38% gegenüber 17%.4 In der dritten Monotherapiestudie sollen unter 135 µg
Peginterferon alfa-2a pro Woche die gleichen Ergebnisse erzielt werden wie unter 180 µg.1
In einer weiteren unveröffentlichten Studie mit 1.149 Patienten wird die bisherige Standardkombination aus Interferon alfa-2b (INTRON A) und Ribavirin mit
Peginterferon-alfa-2a allein sowie in Kombination mit Ribavirin verglichen: Den primären Endpunkt sollen unter der Monotherapie 24% der Behandelten
erreichen, unter Kombination mit Interferon alfa-2b 39% und mit Peginterferon alfa-2a 45%. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden
Kombinationsbehandlungen (42% vs. 50%) ergibt sich erst dann, wenn das anhaltende virologische Ansprechen (sekundärer Endpunkt) für sich betrachtet
wird. Die Differenz ist deutlicher ausgeprägt bei Trägern des Hepatitis-C-Virus-Genotyps 1 und bei hoher Viruslast, das heißt bei besonders schwer zu
behandelnden Hepatitis-C-Erkrankten.1
Die Daten entsprechen in etwa dem Ergebnis der Studie mit dem älteren Peginterferon alfa-2b (wöchentlich 1,5 µg/kg Körpergewicht) plus
Ribavirin: Gegenüber Interferon alfa-2b plus Ribavirin erreichen zusätzliche 7% der Behandelten anhaltendes virologisches Ansprechen. Vor allem die mit
Hepatitis-C-Virus Genotyp 1 Infizierten profitieren.5
Unter Monotherapie mit Peginterferon alfa-2a geht bei fast allen Patienten mit später anhaltendem virologischen Ansprechen die Viruslast bereits nach den
ersten zwölf Therapiewochen auf ein Hundertstel oder weniger zurück, oder Virus-RNA lässt sich nicht mehr nachweisen (frühes virologisches
Ansprechen). Demnach lässt sich ein wahrscheinlicher Behandlungserfolg frühzeitig vorhersagen. Dies gilt laut EPAR1 auch bei Kombination mit
Ribavirin. Bei Nichtansprechen nach zwölf Wochen wird empfohlen, insbesondere bei nicht zirrhotischen Erkrankungen den Therapieabbruch zu
erwägen.1 Beim älteren Peginterferon alfa-2b soll eine Vorhersage über den wahrscheinlichen Behandlungserfolg erst nach sechs Monaten
möglich sein.6
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN: Störwirkungen entsprechen in Häufigkeit und Schweregrad in etwa konventionellem Interferon alfa-
2a.1 Sie betreffen 96% der Behandelten. Bei 7% bis 10% führen sie zum Therapieabbruch. Am häufigsten treten Kopfschmerzen (52%),
Müdigkeit (49%), Muskelschmerzen (37%), Fieber (35%) und Rigor (30%) auf. Bei jeweils 20% bis 26% der Patienten kommt es zu Reaktionen an der
Injektionsstelle, Übelkeit, Gelenkschmerzen, Schlaflosigkeit oder Haarausfall. Schilddrüsenfunktionsstörungen, Hypo-, Hyperglykämie und
Diabetes mellitus werden beobachtet. Zu den schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen gehören Depressionen, Suizidalität, Neutropenien, in
Einzelfällen auch Infektionen der unteren Atemwege, Arrhythmien bis zum Kammerflimmern und Darmblutungen. Todesfälle sind dokumentiert, unter
anderem nach Hirnblutung und Leberversagen.3
In Kombination mit Ribavirin nimmt die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen zu. Bei mehr als 10% der Behandelten kommt es zu Anämien.
KOSTEN: Bezogen auf die Monotherapie ist Peginterferon alfa-2a (PEGASYS), das unabhängig vom Körpergewicht dosiert wird, mit
1.320 €/4 Wochen ein Drittel teurer als Peginterferon alfa-2b (PEGINTRON: 1.000 €/4 Wochen bei 80 kg Körpergewicht) und mehr als doppelt so
teuer wie konventionelle Interferone alfa (ROFERON-A, INTRON A: 590 bzw. 650 €/4 Wochen). In Kombination mit Ribavirin wird Peginterferon alfa-
2b 50% höher dosiert als bei der Monotherapie: Die Kosten der vierwöchigen Kombinationstherapie mit Peginterferon alfa-2a (2.330 €/4 Wochen)
entsprechen dann weitgehend denen von Peginterferon alfa-2b (2.410 €/4 Wochen).
Peginterferon alfa-2a (PEGASYS) wirkt in Kombination mit Ribavirin
(REBETOL) besser viruseliminierend als die frühere Standardtherapie mit Interferon alfa und Ribavirin.
Direkte Vergleichsstudien mit dem älteren Peginterferon alfa-2b (PEGINTRON)
fehlen, jedoch scheinen beide das virologische Ansprechen im Vergleich zu unverändertem Interferon etwa gleich zu verbessern. Besonders Träger des
Hepatitis-C-Virus-Genotyps 1 profitieren.
In der Monotherapie fällt der Vorteil gegenüber konventionellem Interferon
deutlicher aus. Dies gilt für Peginterferon alfa-2a wie -2b. Allerdings kommt die Monotherapie nur bei Unverträglichkeit gegen Ribavirin in
Betracht.
Ob durch Peginterferone die Entwicklung von Leberzirrhosen oder -karzinomen
vermindert wird, lässt sich durch die gemessenen Surrogatparameter nicht belegen.
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