Mit Parecoxib (DYNASTAT) gibt es in Deutschland jetzt drei Cox-2-Hemmer. Im Gegensatz zu Rofecoxib (VIOXX; a-t 1999; Nr. 12: 123-4) und Celecoxib (CELEBREX; a-t 2000; 31: 50-1)
steht Parecoxib ausschließlich parenteral für die im Allgemeinen zwei Tage nicht überschreitende "Kurzzeit"-Therapie postoperativer
Schmerzen zur Verfügung.1 In den USA wurde Parecoxib im Juli 2000 auf Grund ungenügender Datenlage als nicht zulassungsfähig
eingestuft. Auch der aktive Metabolit von Parecoxib, das per os anwendbare Valdecoxib, wurde in den USA nicht zur akuten Schmerztherapie zugelassen (in
Europa wurde kein Zulassungsantrag gestellt).2,3
EIGENSCHAFTEN: Nach der Injektion wird Parecoxib in der Leber schnell (Halbwertszeit: 22 min) und nahezu vollständig zum
wirksamen Metaboliten Valdecoxib hydrolysiert.1 Die analgetische Wirkung tritt nach etwa zehn Minuten ein, erreicht innerhalb von zwei Stunden ihr
Maximum und hält sechs bis zwölf Stunden an.4 Valdecoxib wird in der Leber durch die Cytochrom-P450 (CYP)-Isoenzyme CYP 3A4 und CYP
2C9 metabolisiert sowie zu etwa 20% durch CYP-unabhängige Glukuronidierung der Sulfonamid-Untereinheit.1
Bei mittelgradiger Leberfunktionsstörung ist die empfohlene Dosis um 50% zu reduzieren, bei höhergradiger besteht Kontraindikation.1 Bei
über 65-jährigen Gesunden ist mit 40% höheren Plasmaspiegeln zu rechnen.1 Dennoch soll eine Dosisanpassung laut Fachinformation
"im Allgemeinen" nicht erforderlich sein.4 Auch eingeschränkte Nierenfunktion soll keine Dosisreduktion erfordern, birgt allerdings die Gefahr
der Verschlechterung der Nierenfunktion.4
WIRKSAMKEIT: Die klinische Prüfung ist auf den amerikanischen Markt zugeschnitten. Nach dental-chirurgischem Eingriff lindern 20 mg
oder 30 mg Parecoxib i.m. Schmerzen ausreichend.1 20 mg oder 40 mg i.m. oder i.v. sind ähnlich wirksam wie 60 mg Ketorolac (früher:
TORATEX) i.m.,5 ein nicht-steroidaler Entzündungshemmer, der hierzulande wegen Nierenversagens und anderer tödlicher Schadwirkungen
1993 - ein Jahr nach der Einführung - vom Markt gezogen werden musste (a-t 1994; Nr. 1: 2-3).
Nach größeren orthopädischen oder gynäkologischen Operationen wirken einmalig 20 mg oder 40 mg Parecoxib i.v. ebenso
analgetisch wie 30 mg Ketorolac i.v.; 40 mg Parecoxib i.v. sind 4 mg Morphin i.v. überlegen. In dieser offensichtlich für das Marketing konzipierten Studie
wurde Morphin im Vergleich zu Parecoxib zu niedrig dosiert. Bei Mehrfachapplikation über mehrere Tage nach abdominaler Hysterektomie sind die
verschiedenen Analgetika vom zweiten Tag an gleich wirksam.1
In Kombination mit patientengesteuert injiziertem Morphin scheinen sich mit Parecoxib nach orthopädischen Eingriffen 20% bis 40% der Opiatmenge einsparen
zu lassen. Die morphintypischen Nebenwirkungen wie Obstipation, Übelkeit oder Atemdepression werden dabei allerdings nicht reduziert,1 sodass die
Opiateinsparung sinnlos erscheint. Nach gynäkologischen Operationen wird kein Einspareffekt von Opiaten erzielt. Nach koronar-chirurgischem Eingriff ist die
Datenlage widersprüchlich.1
STÖRWIRKUNGEN: Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAR) hemmen die Prostaglandinsynthese in den Nieren und können die
Autoregulation des renalen Blutflusses behindern, sodass Gewebsischämie entsteht. Dies gilt für Coxibe (a-t
2001; 32: 95) genauso wie für ältere NSAR.6 Werden sie in den ersten Tagen nach einer Operation, insbesondere parenteral gegeben, ist
die Gefahr hoch, akutes Nierenversagen auszulösen, da zu dieser Zeit stressbedingt hohe Katecholaminspiegel vasokonstriktiv auf die Nieren wirken
(a-t 1993; Nr. 6: 61-2). Auf der Basis dieses Schädigungsmechanismus müsste die zugelassene Indikation
von Parecoxib korrekterweise als Gegenanzeige ausgewiesen werden. Symptome, die auf eine Beeinträchtigung der renalen Funktion hindeuten, kommen bei
Parecoxib häufig vor (je 1% bis 10%): Kreatininanstieg, Oligurie und periphere Ödeme. Tod durch Nierenversagen ist bereits
beschrieben.1
Gastroduodenale Ulzera oder Erosionen sind bei gesunden Probanden unter Parecoxib bei siebentägiger Verwendung mit 5% bis 21%
häufig.4 Tod nach Magen-Darmblutung ist unter Parecoxib vorgekommen.1
Wundheilungsstörungen sowie nach kardiochirurgischem Eingriff Myokardinfarkte (möglicherweise auf dem Boden einer PRINZMETAL-Angina) und
zerebrovaskuläre Ereignisse sind unter Parecoxib beschrieben.1
Auf Grund der Sulfonamidstruktur von Parecoxib ist - wie bei Celecoxib - mit Sulfonamidüberempfindlichkeitsreaktionen zu rechnen. Als Kontraindikation
wird dies in der Fachinformation4 nicht erwähnt. Wegen Embryotoxizität, vorzeitigem Verschluss des Ductus arteriosus BOTALLI und mangelnder
Erfahrungen besteht auch in Schwangerschaft und Stillzeit Gegenanzeige.1,4
Zahlreiche Wechselwirkungen sind zu beachten. So kann Parecoxib die Wirkung von Antihypertensiva reduzieren. Bei gleichzeitigem Gebrauch eines
ACE-Hemmers oder Diuretikums steigt das Risiko von akutem Nierenversagen. Bei Komedikation von oralen Antikoagulanzien besteht erhöhte Blutungsgefahr.
Die nephrotoxischen Effekte von Parecoxib und Ciclosporin A (SANDIMMUN u.a.) oder Tacrolimus (PROGRAF) verstärken einander. Valdecoxib hemmt CYP
2C19 und kann daher die Wirkspiegel von Phenytoin (ZENTROPIL u.a.), Diazepam (VALIUM u.a) oder anderen CYP 2C19-Substraten erhöhen.4
KOSTEN: Bezogen auf zweimal 40 mg Parecoxib (DYNASTAT) und viermal 10 mg Morphin (MORPHIN MERCK) kostet ein Behandlungstag mit
Parecoxib etwa das Dreieinhalbfache (24,05 Euro versus 6,44 Euro).
Der Cox-2-Hemmer Parecoxib (DYNASTAT) soll parenteral zur
postoperativen Schmerzstillung dienen.
Die Indikation erachten wir als Kontraindikation: Nichtsteroidale
Entzündungshemmer (NSAR) einschließlich der Cox-2-Hemmer beeinträchtigen die Autoregulation der Nierendurchblutung. Vor allem in
Stresssituationen, insbesondere in den ersten Tagen nach einer Operation, ist damit die Gefahr eines akuten Nierenversagens verbunden.
Parallele: Vor knapp zehn Jahren musste das ebenfalls zur postoperativen
Schmerztherapie zugelassene parenterale NSAR Ketorolac (TORATEX) unter anderem wegen Todesfällen (Nierenversagen u.a.) wieder vom Markt genommen
werden.
Geeignete Mittel für die postoperative Schmerzversorgung bleiben die
nierenverträglichen Opioide.
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