Ich bitte um Information über Hyaluronsäure (z.B. SUPLASYN Fertigspritze).
Dr. med. K.-P. WEIRATHER
D-87727 Babenhausen
Interessenkonflikt:Keiner
Das Polysaccharid Hyaluronsäure (HYALART u.a.) ist physiologischer Bestandteil der Synovialflüssigkeit. Ihm wird eine Bedeutung für die Gleit-
und Stoßdämpfungsfunktion der Synovialflüssigkeit zugeschrieben. Im gesunden Gelenk hat Hyaluronsäure ein Molekulargewicht von 6 bis 7
Mio. Dalton (Da) und liegt in einer Konzentration von 2 bis 4 mg/ml vor.1 Im arthrotischen Gelenk sind Molekulargewicht und Konzentration vermindert.
Hyaluronsäure-Injektionen in das Gelenk sollen die physiologischen viskoelastischen Eigenschaften der Synovialflüssigkeit wiederherstellen
("Viskosupplementation").
Endogene Hyaluronsäure hat im Gelenk eine Verweildauer von wenigen Stunden. Die zur Arthrosetherapie angebotenen Hyaluronsäure-Produkte
haben eine Halbwertszeit zwischen 17 Stunden (HYALART) und 1,5 Tagen (SYNVISC).1,2 Bis auf HYALART sind alle im Handel befindlichen
Zubereitungen als Medizinprodukte zertifiziert, also ohne behördliche Prüfung auf Nutzen und Unbedenklichkeit (a-t 1998; Nr. 6: 58-9). Sie unterscheiden sich in ihrer Herstellung (Hahnenkamm, fermentativ) und in ihrem
Molekulargewicht, das von 0,5 bis 0,7 Mio. Da (HYALART) bis 3 Mio. Da (SYNVISC) reicht.
Aus den veröffentlichten randomisierten kontrollierten Studien lässt sich kein Nutzen von Hyaluronsäure bei Arthrose ableiten.3 In
den drei größten Studien mit 226 bis 495 Teilnehmern ergibt sich bei Intention-to-treat-Analyse kein Unterschied zu Injektionen von Vehikel- bzw.
Kochsalzlösungen (jeweils einmal wöchentlich über drei bis fünf Wochen),4-6 in einer auch dann nicht, wenn nur diejenigen Patienten
ausgewertet werden, die die Studie abschließen (Per-Protokoll-Analyse).6 In allen bessern sich Schmerzen und Funktion bei Arthrose des Kniegelenkes
sowohl in den Verum- als auch in den Kontrollgruppen. In einer vierten Untersuchung mit 209 Patienten wird nur die weniger aussagekräftige Per-Protokoll-
Auswertung mitgeteilt.7 Hier soll sich fünf und neun Wochen, nicht aber eine Woche nach der letzten Injektion ein signifikanter Unterschied von hoch
dosierter Hyaluaronsäure gegenüber einer Niedrigdosis ergeben haben. Man erfährt in der Publikation jedoch nicht, welcher Auswertungszeitpunkt
oder Zeitraum für das primäre Zielkriterium im Protokoll festgelegt wurde. Weitere kleinere Studien mit weniger als 200 Teilnehmern kommen teils zu
positivem, teils zu negativem Ergebnis.
Die Häufigkeit lokaler unerwünschter Reaktionen mit Schmerzen und Schwellung wird je nach Studie mit 1%4 bis 47%8
angegeben. In der bislang größten randomisierten Studie kommen Schmerzen im Injektionsbereich mit 23% unter Hyaluronsäure deutlich
häufiger vor als unter Plazebo (13%; Number needed to harm [NNH] = 10). Akute aseptische und septische Arthritis sowie Arthritis durch
Kalziumpyrophosphatdihydratkristalle (Pseudogicht; a-t 2000; 31: 80) sind beschrieben,9-11 darüber
hinaus systemische Reaktionen wie generalisierte Urtikaria und Anaphylaxie.12,13
FAZIT: Intraartikuläre Hyaluronsäure (HYALART u.a.)-Injektionen haben nach den größten veröffentlichten randomisierten Studien bei
Arthrose keinen Vorteil gegenüber Plazebo. Wir erachten die Nutzen-Schaden-Bilanz als negativ.
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