Die idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) verläuft bei Erwachsenen in der Regel chronisch. Sie betrifft meist jüngere Frauen.
Häufig wird die Diagnose per Ausschluss gestellt. Die Patienten sind vor allem durch lebensbedrohliche Blutungen gefährdet. Thrombozytenwerte
über 30.000/(l gelten als ausreichend sicher und nicht behandlungsbedürftig. Das Risiko nimmt vor allem bei Werten unter 10.000/(l zu. Bisher ist
unzureichend geklärt, welche Patienten behandelt werden müssen. Niedrige Thrombozytenwerte allein reichen als Indikation nicht aus. Sie sind
zunächst zu beobachten. Bei chronischen schweren Verläufen, älteren Patienten mit Begleiterkrankungen und bei Blutungskomplikationen ist eine
immunsuppressive Therapie zu erwägen. Derzeit scheinen aber mehr Patienten an Infektionen in Folge der Immunsuppression als an Blutungen zu
sterben.1
Jetzt werden bei 116 16- bis 75-jährigen Patienten mit ITP und Thrombzytenwerten unter 20.000/(l initial drei Tage lang intravenöses Immunglobulin (IG,
0,7 g/kg Körpergewicht [KG] und Tag) mit Bolusgaben von Methylprednisolon i.v. (URBASON u.a.; 15 mg/kg KG pro Tag) verglichen.2
Anschließend werden die Patienten erneut randomisiert und nehmen 18 Tage lang Prednison per os (DECORTIN u.a.; 1 mg/kg KG pro Tag) oder Plazebo ein.
Die Studie wird vorzeitig abgebrochen, weil nach IG bis zum Ende der dritten Woche mehr Tage mit Thrombozytenwerten über 50.000/(l erfasst werden
(primärer Zielparameter) als nach Methylprednisolon (18 vs. 14). Dies gilt auch für Tage mit Werten über 20.000/(l (19 vs. 17). Vor allem an den
ersten fünf Tagen steigen die Thrombozytenzahlen unter IG schneller an. Die Zeit bis zu protektiven Werten wird jedoch nur bei jeweils 10% bis 20% der
Patienten um einen Tag verkürzt. Therapieversager (Werte unter 20.000/(l oder unter 50.000/(l) sind am Ende der dritten Woche etwa gleich häufig (38%
vs. 45%). Wird im Anschluss an IG oder Methylprednisolon Prednison eingenommen, liegen die Thrombozytenwerte in den drei Wochen deutlich häufiger als mit
Plazebo oberhalb 50.000/(l (18 vs. 7 Tage). Auch Therapieversager sind seltener (18% vs. 62%).
Die Langzeitergebnisse nach 12 Monaten sind für alle vier Behandlungsstrategien mit Versagerraten zwischen 53% und 71% (nicht signifikant)
enttäuschend. Unterschiede bei klinischen Endpunkten wie Blutungskomplikationen oder Sterblichkeit gibt es nicht, hätten aber auch nur mit einer
größeren Zahl von Patienten festgestellt werden können.
FAZIT: Immunsuppressive Therapie verbessert die Thrombozytenwerte bei idiopathischer thrombozytopenischer Purpura offenbar nur kurzzeitig und scheint ohne
Einfluss auf den langfristigen Krankheitsverlauf zu bleiben. Nach Immunglobulin tritt der Effekt im Vergleich zu Bolusgaben von Methylprednisolon (URBASON u.a.)
marginal schneller ein. Nur in Ausnahmesituationen (z.B. lebensbedrohliche Blutung, vor Operationen) dürften sich daraus Vorteile ergeben. Methylprednisolon
i.v. als Bolus mit oralem Prednisolon (DECORTIN H u.a.) im Anschluss erscheint in der Regel als die geeignete Behandlung, wenn bei schwerer ITP eine Therapie
für notwendig gehalten wird.
|