Nach Herzinfarkt - Nikotinverzicht wichtiger als Arzneimittel? Jährlich sterben in Deutschland etwa 100.000 Menschen an den Folgen des
Tabakkonsums, weltweit rund vier Millionen. Bei Personen mit bekannter ischämischer Herzerkrankung erhöhen Zigaretten die Mortalität, indem sie
unter anderem den Blutfluss in den Koronararterien beeinträchtigen und den myokardialen Sauerstoffverbrauch steigern. Diese Effekte sind jedoch offenbar
reversibel: In mehreren Kohortenstudien nimmt die Sterblichkeit nach Myokardinfarkt ab, wenn auf Rauchen verzichtet wird, allerdings nicht immer statistisch
signifikant. In einer Metaanalyse werden jetzt die Daten von über 5.800 Patienten aus zwölf Studien mit einem Beobachtungszeitraum von zwei bis zehn
Jahren ausgewertet. Das relative Risiko, innerhalb dieses Zeitraums nach einem Herzinfarkt zu sterben, ist für Ex-Raucher nur halb so groß wie für
Personen, die weiter rauchen (Odds-Ratio [OR] 0,54, 95%-Konfidenzintervall 0,46 bis 0,62). Wird eine Mortalitätsrate von 20% bei andauerndem Tabakkonsum
angenommen, müssten nach Berechnung der Autoren 13 Personen das Rauchen einstellen, um einen Todesfall zu verhindern. Für andere bei Herzinfarkt
etablierte Interventionen wie Thrombolyse, Einnahme von Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) und Betablockern beträgt die Risikominderung in
Metaanalysen 12% bis 25%. Allerdings stammen diese Daten aus randomisierten kontrollierten Studien, die in der Regel verlässlichere Ergebnisse liefern, in
denen die Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen aber oft geringer ausfallen als bei Kohortenstudien. Zudem wird die Aussagekraft der aktuellen
Metaanalyse dadurch eingeschränkt, dass die Angaben der Teilnehmer zu ihrem Rauchverhalten nur in einer Studie durch Urinproben überprüft
wurde. Bis zu 26% der Herzinfarktpatienten sollen Fragen nach andauerndem Zigarettenkonsum jedoch nicht wahrheitsgemäß beantworten (WILSON, K.
et al.: Arch. Intern. Med. 2000; 160: 939-44/ati d).
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