Chronische innere Erkrankungen lassen sich auf Dauer nur erfolgreich behandeln, wenn die Patienten aktiv bei der Therapie mitwirken. In einer
Langzeitstudie prüfen Düsseldorfer Diabetologen den Nutzen eines strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms für Hypertonie* im
Vergleich mit herkömmlicher Hochdrucktherapie. 91 Patienten, im Mittel 36 Jahre alt, mit durchschnittlich 20 Jahre bestehendem Typ-1-Diabetes und
diabetischer Nephropathie, Retinopathie sowie Hypertonie nehmen an der Studie teil. Die Autoren entscheiden sich gegen eine Randomisierung, die sie als
unethisch erachten. Die Zuteilung zu den Studienarmen richtet sich daher hauptsächlich nach der Entfernung des Wohnorts vom Behandlungszentrum. Die
Gruppen unterscheiden sich in Hinblick auf Diabetesdauer und Blutdruck, jeweils zu ungunsten der Interventionsgruppe. Nachdem in Fünfjahres-
Zwischenergebnissen eine geringere Sterblichkeit in dieser Gruppe deutlich wird, werden auch Patienten der Kontrollgruppe zur Teilnahme am Schulungsprogramm
aufgefordert.1
KONZEPT: In vier Unterrichtseinheiten2,3 erfahren die Teilnehmer, was Bluthochdruck ist, welche Gefahren unbehandelter Hochdruck birgt und
welche nicht-medikamentösen und medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Sie lernen, den Blutdruck selbst korrekt zu messen.
Mögliche unerwünschte Wirkungen der Hochdruckmittel einschließlich der häufig befürchteten Potenzstörungen werden besprochen
und Therapieentscheidungen in Absprache mit den Patienten getroffen. Bei guter Einstellung sollen sie zweimal pro Woche den Blutdruck messen, der vor der
Medikamenteneinnahme unter 140/90 mmHg liegen soll. Die Patienten lernen außerdem, bei Schwankungen Dosis und Einnahmezeit der Hochdruckmittel
selbständig zu variieren.
KLINISCHER NUTZEN: Innerhalb von zehn Jahren sterben unter herkömmlicher antihypertensiver Therapie 22 (48%) Patienten, dreimal mehr als unter
intensivierter Behandlung (7 [16%]). Am häufigsten sind kardiale Todesursachen. Dialyse (24% versus 39%) und Amputationen (7% vs. 19%) werden in der
Interventionsgruppe seltener erforderlich. Weniger Patienten erblinden auf einem oder beiden Augen (11% vs. 21%). Unabhängig von der Studiengruppe steigt
mit höherem Blutdruck auch die Sterblichkeit. Die Art des Antihypertensivums scheint dagegen keine Rolle zu spielen.1 Die Studie ist allerdings zu
klein, um einen Unterschied ausschließen zu können. Sie geht aber mit dem Hochdruckarm der UKPDS** konform, in dem sich Captopril (TENSOBON
u.a.) und Atenolol (TENORMIN u.a.) ähnlich günstig auswirken (a-t 10 [1998], 88).
FAZIT: Die Mortalität von Patienten mit diabetischer Nephropathie ist unter Routinetherapie nach wie vor hoch. Intensivierte Hochdruckbehandlung unter
aktiver Mitwirkung geschulter Patienten senkt die Sterblichkeit in einer kontrollierten, allerdings nicht randomisierten Studie innerhalb von zehn Jahren auf ein Drittel
(16% versus 48%). 11% bis 15% der Patienten bewahrt die intensivierte Behandlung in dieser Zeit vor Dialyse, Amputation oder Erblindung.
1 | TROCHA, A. K. et al: J. Hypertens. 17 (1999), 1497 |
2 | WEYER, C., P. T. SAWICKI: Diab. Stoffw. 7 (1998), 49 |
3 | SAWICKI, P. T. et al.: Dtsch. Ärztebl. 90 (1993), C-1130 |
4 | SAWICKI, P. T.: pers. Mitteilung
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* | Heute das offizielle Patientenschulungsprogramm der Deutschen Liga zur Bekämpfung
des hohen Blutdrucks e.V. Informationen zum Schulungsprogramm unter2,3. Die Hochdruckliga und das Zentralinstitut der
kassenärztlichen Versorgung bieten das Programm allerdings in modifizierter Form an. So ist z.B. die Adaptation der Arzneimitteldosis durch die Patienten selbst
nicht vorgesehen.4 |
** | UKPDS = United Kingdom Prospective Diabetes Study |
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