Wachstumshormon (HUMATROPE u.a.) verdoppelt die Sterblichkeit kritisch Kranker. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Studien aus Finnland und
anderen europäischen Ländern. 530 Patienten, die nach herz- oder bauchchirurgischen Eingriffen, wegen Polytraumata oder akuten Lungenversagens
seit fünf bis sieben Tagen intensivmedizinisch behandelt werden, sind in die Untersuchung einbezogen. Sie erhalten randomisiert über 21 Tage 0,1 mg/kg
Körpergewicht Wachstumshormon oder Plazebo. Die Behandlung kann in einer Studie um weitere 21 Tage verlängert werden. Die beiden
Untersuchungen sind fast identisch angelegt und werden gemeinsam publiziert.
In der finnischen Studie sterben unter Verum 39% der Patienten gegenüber 20% unter Plazebo, in der multinationalen 44% gegenüber 18%. Septische
Krankheitsverläufe und Multiorganversagen führen am häufigsten zum Tod. Bei den Überlebenden verlängert das Hormon die Dauer der
Intensivbehandlung und der Beatmung. Der Gesamtverbrauch an Ressourcen nimmt zu.1 Die Studien sind methodisch gut angelegt und valide
durchgeführt. Unverständlich ist jedoch, weshalb als primärer Zielparameter die Dauer der Intensivbehandlung und nicht die Sterblichkeit
gewählt und auf Zwischenanalysen verzichtet wurde. Vorzeitiger Studienabbruch hätte einigen Patienten das Leben retten können.
Die Ursache für die Übersterblichkeit unter Wachstumshormon bleibt offen. Bisherige Studien ließen ein solches Ergebnis nicht erwarten. Bei
Traumapatienten wurden Surrogatparameter wie Stickstoffbilanz und Wundheilung unter Wachstumshormon günstig beeinflusst. Bei Kindern mit schweren
Verbrennungen konnte die Krankenhausliegezeit verkürzt werden. Möglicherweise wirken sich die proinflammatorischen Effekte des Hormons gerade
dann fatal aus, wenn es verwendet wird, bevor sich ein systemisches Entzündungssyndrom (SIRS) vollständig ausgebildet hat.2 Beim derzeitigem
Kenntnisstand darf Wachstumshormon in der Intensivmedizin nicht verwendet werden, -Red.
1 | TAKALA, J. et al.: N. Engl. J. Med. 341 (1999), 785 |
2 | DEMLING, R.: N. Engl. J. Med. 341 (1999), 837 |
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