Unter periduraler oder spinaler Anästhesie gilt eine perioperative Thromboseprophylaxe mit Low-dose-Heparin (LIQUEMIN N u.a.) bei
normgewichtigen Patienten ohne Gerinnungs- oder Leberfunktionsstörungen als ausreichend sicher und Verfahren der Wahl. Auch niedermolekulare Heparine
werden zunehmend als vertretbar angesehen (a-t 12 [1997], 122). Der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA
liegen jetzt mehr als 30 Spontanberichte über epidurale oder spinale Blutungen in Verbindung mit dem niedermolekularen Heparin Enoxaparin (CLEXANE) vor,
das in den USA zum Teil höher dosiert wird als hierzulande. Die Mehrzahl der Ereignisse (75%) betrifft Frauen im Rahmen orthopädischer Operationen.
Auch Lumbalpunktionen kommen als Auslöser vor. Ein Teil der Betroffenen bleibt dauerhaft gelähmt.1,2
Besonders gefährdet sind Patienten, die gleichzeitig andere die Gerinnung beeinflussende Mittel einnehmen, wie nicht steroidale Antirheumatika oder
Thrombozytenaggregationshemmer, oder mit periduralem Verweilkatheter z.B. zur Schmerzbekämpfung. Auch wiederholte oder traumatische Punktionen
scheinen das Risiko zu erhöhen.1
Nach Ansicht der FDA ist die Störwirkung prinzipiell bei allen niedermolekularen Heparinen sowie dem Heparinoid Danaparoid (Niederlande: ORGARAN; a-t 8 [1995], 85) zu erwarten. In Europa existieren einzelne Berichte über Lähmungen nach Blutungen unter
Certoparin (MONO-EMBOLEX NM) und Nadroparin (FRAXIPARIN). Alle Hersteller müssen daher einen entsprechenden Kasten mit Warnhinweis in die
Produktinformationen aufnehmen. Patienten sind engmaschig auf Zeichen der Rückenmarkskompression zu überwachen, damit im Fall einer Blutung
rasch operativ eingegriffen werden kann.1,2
Hierzulande wird uneinheitlich informiert: Die CLEXANE-Fachinformation warnt vor epiduralen und spinalen Hämatomen mit Lähmungen nach
rückenmarksnaher Anästhesie - im Gegensatz zum FRAXIPARIN-Vertreiber Sanofi Winthrop jedoch ohne auf die Notwendigkeit regelmäßiger
neurologischer Kontrollen hinzuweisen. Hersteller anderer niedermolekularer Heparine und von Standardheparin erwähnen die Komplikation entweder gar nicht
(z.B. bei Certoparin) oder listen solche Eingriffe als Gegenanzeige (z.B. bei Tinzaparin [INNOHEP]).
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin empfiehlt, bestimmte Zeitintervalle einzuhalten: Bei Standardheparin soll die letzte
Anwendung spätestens vier Stunden vor der Punktion bzw. dem Entfernen eines Epiduralkatheters erfolgen, bei niedermolekularen Heparinen mindestens zehn
bis zwölf Stunden. Nach der Intervention ist eine Spanne von einer Stunde (Standardheparin) bzw. vier Stunden einzuhalten.3
1 | FDA Talk Paper vom 15. Dez. 1997 |
2 | Scrip 2295 (1997), 15 |
3 | GOGARTEN, W. et al.: Anästh. Intensivmed. 12 (1997), 623 |
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