Halten Sie die Hepatitis-B-Impfung für Säuglinge und Kinder für sinnvoll und notwendig? Wir haben in 15jähriger
Praxistätigkeit mit einem sehr hohen Kinderanteil noch keinen manifesten Hepatitis-B-Fall in dieser Altersgruppe gehabt. Wir können uns des Eindrucks
nicht erwehren, dass die Impflobby den Krankenkassen dieses Milliardengeschäft ... aufs Auge gedrückt hat. Was halten Sie von den
Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu dieser Impfung? ...
Dr. med. G. WIRSCHING (prakt. Ärztin)
Dr. med. E. WIRSCHING (Arzt f. Allgemeinmed.)
D-91792 Ellingen
Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit Oktober 1995 die Impfung aller Kinder gegen Hepatitis B. Sie folgt damit einer Empfehlung der
Weltgesundheitsorganisation. Mit der bisherigen Strategie, der Impfung von Risikogruppen, habe man die Erkrankungshäufigkeit in der
Gesamtbevölkerung nicht eindämmen können. Britischen Epidemiologen zufolge lässt sich aber über Erfolg oder Misserfolg der gezielten
Immunisierung 14 Jahre nach Einführung der Vakzine noch gar nicht urteilen. Ein zuverlässig eingehaltenes Impfprogramm allein für alle Patienten mit
sexuell übertragbaren Krankheiten wäre nach einer Modellrechnung für Großbritannien innerhalb der nächsten 50 Jahre im Sinne der
Durchbrechung der Infektionsketten wirksamer und kosteneffektiver als die Immunisierung aller Säuglinge.1
Die Vorverlegung der Prophylaxe auf das Säuglingsalter bietet laut STIKO den Vorteil, möglichst viele Impflinge zu erreichen. Zudem könne auch den
im hohen Maße chronisch verlaufenden Infektionen des Kindesalters vorgebeugt werden. 1995 wurden hierzulande etwa 550 Kinder zwischen 1 und 14 Jahren
als Hepatitis-B-infiziert gemeldet.4 Für Kinder, die in der Spätschwangerschaft oder während der Geburt durch die Mutter infiziert werden,
kommt die Massenimpfung ohnehin zu spät. Ob aber die besonders gefährdeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen - Ansteckungsgipfel zwischen 15
und 24 Jahren - nach Immunisierung im Säuglingsalter tatsächlich geschützt sind, lässt sich mit den verfügbaren Daten nicht vorhersagen.
Studien zur Dauer des Impfschutzes überblicken höchstens zehn bis zwölf Jahre und basieren praktisch alle auf dem älteren,
möglicherweise stärker immunogenen Serumimpfstoff. Die Langzeiterprobung der rekombinanten Vakzine sollen jetzt die Krankenkassen finanzieren.
Bislang sind jedoch nicht alle Kassen zur Kostenübernahme bereit.5
Die generelle Säuglingsimpfung erschien der STIKO offenbar nur finanzierbar, wenn die Impfstoffpreise deutlich gesenkt würden. Die Hersteller
hätten sich dazu "bereit erklärt".2 Welcher Kuhhandel auch immer der STIKO-Entscheidung vom Oktober 1995 vorausging, die Hersteller
haben bis heute ihre Zusage nicht eingelöst.* Wirtschaftlichkeitsberechnungen2 gehen von einem Herstellerabgabepreis von 30 DM pro Kinderdosis
aus. Erstens liegt dieser mit 60 DM** tatsächlich doppelt so hoch, zweitens sind einschließlich Handelsaufschlägen und Mehrwertsteuer pro Dosis 75
DM bis 103 DM aufzuwenden, und drittens ist die ebenfalls empfohlene Auffrischimpfung ab elf Jahre hinzuzurechnen. Somit liegen die realistischen Kosten der
Impfvorsorge einschließlich Nebenkosten für einen Jahrgang von 800.000 Kindern bei 400 bis 500 Millionen DM. Angaben von 100 bis 120 Millionen
DM2 halten wir für unseriös und manipulativ, -Red.
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Lediglich der Preis für die Kleinpackung (1 Amp.) GEN H-B-VAX K wurde zum 1. März 1997 um 13% auf 90,38 DM
gesenkt.
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Auf dem Weltmarkt wird die rekombinante Vakzine bei größeren öffentlichen Impfaufträgen für weniger als
5 DM pro Kinderdosis angeboten.3
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