NEUE ANTIDEPRESSIVA |
Wer Depressionen behandelt, kann unter mehr als 250 Handelspräparaten mit rund 25 Wirkstoffen verschiedener Stoffgruppen wählen. Seit
einigen Wochen versprechen Wyeth für Venlafaxin (TREVILOR; "neue Klasse der Antidepressiva")1 und Organon für Mirtazapin
(REMERGIL; "neuartiger Wirkmechanismus")2 eine Erweiterung des Behandlungsspektrums. Jeder fünfte Patient bricht die Behandlung wegen unerwünschter Wirkungen ab.7 Aufgrund häufiger Magen-Darm-Störungen
wurde bereits die zusätzliche Einnahme von Cisaprid (PROPULSIN u.a.) erprobt.8 Das Störwirkungsspektrum ähnelt mit Übelkeit (32%),
Kopfschmerzen (25%), Müdigkeit (20%), Schlaflosigkeit (19%), Schwindel (14%) und Nervosität (11%)1 dem selektiver
Serotoninwiederaufnahmehemmer wie Fluoxetin. Dosisabhängig steigt bei bis zu 13% der Patienten der diastolische Blutdruck (meist um 10 mmHg bis 15
mmHg).7 Dies erfordert regelmäßige Kontrollen. Erfahrungen bei kardiovaskulärer Vorerkrankung fehlen.9 Anticholinerge
Störwirkungen wie Mundtrockenheit (20%) und Verstopfung (15%) scheinen seltener als unter trizyklischen Antidepressiva vorzukommen, Krampfanfälle
dagegen mit 0,26%10 wie auch beim verwandten Bupropion11 häufiger als unter anderen Antidepressiva. Plötzliches Absetzen vermag
ein Entzugssyndrom mit Kopfschmerzen und Schlafstörungen/Müdigkeit auszulösen,12 so daß Venlafaxin auszuschleichen ist. Mit den unter Mianserin gefürchteten Blutbildungsstörungen einschließlich Agranulozytose und aplastischer Anämie ist auch unter Mirtazapin
zu rechnen. Von 2.626 Patienten entwickeln 58 (2,2%) eine Neutropenie, die sich nach Absetzen zum Teil nur langsam zurückbildet.17,18 Wie bei
Mianserin raten wir zu wöchentlichen Blutbildkontrollen in den ersten Behandlungsmonaten. Dieser Hinweis sowie eine Warnung vor Kombination mit anderen
potentiell blutschädigenden Arzneimitteln fehlt in den Fachinformationen.2,19 Patienten sind darauf aufmerksam zu machen, mögliche Symptome
einer Agranulozytose (Fieber, Halsschmerzen, grippeartige Beschwerden u.a.) nicht in Selbstmedikation zu behandeln, sondern den Arzt aufzusuchen. Leberenzyme
können ebenso ansteigen wie Cholesterin und Triglyzeride.17,19 Tritt Gelbsucht auf, ist das Antidepressivum abzusetzen.19 Häufig wird
über Mundtrockenheit (34%), Benommenheit (23%), Sedierung (18%), Schlaflosigkeit (8%), Schwindel (8%) und Gewichtszunahme (12%) geklagt. |
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