Gibt es gesicherte Untersuchungen, die einen Vorteil des inhalativen Steroids Fluticason (FLUTIDE, ATEMUR) gegenüber dem
Beclometason (SANASTHMAX u.a.) in der Therapie des Asthma bronchiale belegen?
Dr. med. E. CONRADI (Kinderarzt)
D-28219 Bremen
In vier- bis sechswöchigen klinischen Studien an insgesamt über 1600 Erwachsenen1-4 und rund 400 Kindern5 wirkt das im
März 1995 als Dosieraerosol und Pulverinhalat (ROTADISK) eingeführte Fluticasonpropionat (FLUTIDE, ATEMUR) vergleichbar gut wie doppelt so hohe
Dosen des nach Gewichtsbasis halb so wirkstarken Beclometasondipropionat (SANASTHMAX u.a.). Aus offenen Studien ergibt sich eine Wirkäquivalenz von
Fluticason und Budesonid (PULMICORT) ebenfalls im Dosisverhältnis 1 : 2. Die Ansicht, Fluticason könne nützlich sein, wenn hochdosierte andere
Kortikoidinhalate unzureichend wirken oder nicht vertragen werden, läßt sich u.E. auf der Basis vorhandener Daten nicht belegen.6
Etwa 80% bis 90% jedes inhalierten Mittels werden im Mund-Rachen-Bereich abgelagert und verschluckt.7 Bei der ersten Leberpassage entsteht aus
Fluticason ein inaktiver Metabolit.6 Heiserkeit, Candidainfektionen und Verschlechterung des Asthmas treten unter wirkgleichen Dosen von Fluticason und
Beclometason etwa gleich häufig auf.6 Gebrauch eines Spacers und Spülen des Mundes nach Inhalation mindern das Risiko lokaler und
systemischer Störwirkungen.7 Die üblichen eingeatmeten Glukokortikoide bewirken in Dosierungen bis 800 µg bei Erwachsenen kaum
endokrine Störungen oder eine Suppression der Nebennieren. Nach regelmäßiger Anwendung von Budesonid- und Fluticason-Hochdosen sind
Systemeffekte möglicherweise geringer als nach Beclometason.7
Ein 60jähriger reagiert nach Umstellung auf Fluticason reproduzierbar aggressiv und gereizt.8 In einer Anwendungsbeobachtung,9 mit der
Pharmareferenten für das Produkt werben, beschreiben Oldenburger Pneumologen einen deutlichen Abfall des Sauerstoffpartialdrucks im Blut bei mehreren
Patienten nach Umstellung auf Fluticason. Sie äußern Bedenken gegen die breite und funktionell nicht kontrollierte Anwendung. Wegen der geringen
oralen Bioverfügbarkeit von Fluticason sind nach Absetzen hoher, systemisch stärker wirksamer Beclometason- oder Budesoniddosen ADDISON-Effekte
mit Auftreten eosinophiler Symptome möglich. Zunehmende Rhinitis bzw. stärkeres Wachstum von Nasenpolypen wurden beobachtet.9
FAZIT: Fluticason-Inhalationen (FLUTIDE, ATEMUR) wirken ohne belegbaren Verträglichkeitsunterschied ähnlich gut wie die etwa gleich teuren (s.
Seite 115) Kortikoide Beclometasondipropionat (SANASTHMAX u.a.) und Budesonid (PULMICORT). Wir sehen keinen Grund, Asthmatiker, die mit
Standardkortikoiden gut zurechtkommen, auf die Neuerung umzustellen.
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