Verwirrtheit, leichte Manie, Unruhe, neuromuskuläre Symptome wie Muskelkrämpfe, gesteigerte Reflexe, Tremor und
Koordinationsstörungen sowie Schwitzen, Schüttelfrost und Fieber (s. Tabelle) kennzeichnen das Serotonin-Syndrom, das mit exzessiver Anflutung des
Neurotransmitters Serotonin (5-Hydroxytryptamin) einhergehen kann. Neben milden, kurzzeitigen Verläufen kommen schwere Erkrankungen mit tödlichem
Ausgang vor. Die Komplikation wird bisweilen als "toxisches Enzephalopathie-Syndrom" beschrieben.1 Treten mindestens drei der genannten
Symptome unter Anwendung eines serotonerg wirkenden Arzneimittels (trizyklisches Antidepressivum, selektiver Serotoninwiederaufnahme-Hemmer u.a.) auf, findet
die Diagnose Bestätigung.1
Der potentiell lebensbedrohliche Zustand serotonerger Überstimulation in Hirnstamm und Rückenmark wurde ursprünglich unter der Kombination
der Antidepressiva mit irreversiblen Monoaminoxidase (MAO)-Hemmstoffen wie Tranylcypromin (PARNATE) beschrieben.1,2 Die Beschwerden entwickeln
sich in der Regel einige Stunden bis Tage nach Beginn der Kombinationstherapie. Bei Einnahme von Neuroleptika kommt differentialdiagnostisch das in vieler
Hinsicht verwandte maligne Neuroleptika-Syndrom in Betracht.2
Nach Absetzen der verdächtigten Mittel und symptomatischer Behandlung erholen sich die meisten Patienten innerhalb von ein bis zwei Tagen.1,2 Der
Nutzen von Serotonin-Antagonisten wie Methysergid (DESERIL) bleibt offen.2 Eine New Yorker Klinik meldet bei einem durch gleichzeitige Gabe zweier
Antidepressiva entstandenen Serotonin-Syndrom einen Behandlungserfolg mit dem antiserotonergen und anticholinergen Antihistaminikum Cyproheptadin
(PERIACTINOL), 4 mg im Abstand von einer Stunde bis zum Verschwinden der Symptome.3
Die Kombination trizyklischer Antidepressiva wie Clomipramin (ANAFRANIL) oder selektiver Serotoninwiederaufnahme-Hemmer wie Fluoxetin (FLUCTIN) mit
irreversiblen MAO-Hemmstoffen gilt wegen des Risikos der Interaktion als kontraindiziert. Seitdem drei Todesfälle nach Wechsel von Fluoxetin zu
Tranylcypromin bekannt wurden, wird für Fluoxetin eine Auswaschzeit von mindestens fünf Wochen empfohlen.1 Umgekehrt soll eine
Behandlungspause von zwei Wochen eingehalten werden. Je nach Halbwertszeit einschließlich aktiver Metaboliten wartet man nach Absetzen trizyklischer
Antidepressiva bis zu eine Woche.2
In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, daß auch die Kombination mit dem reversiblen, selektiven MAO-Hemmer Moclobemid (AURORIX) als
Ursache in Frage kommt.2,4-6 Die schwedische Arzneimittelbehörde warnt soeben vor der gleichzeitigen Anwendung mit serotonergen Mitteln. Nach
Absetzen des MAO-Hemmstoffs kann wegen der kurzen Halbwertszeit auf eine Pause verzichtet werden. Komedikation von Serotoninwiederaufnahme-Hemmern mit
Lithium (QUILONUM u.a.) gilt als unbedenklich hinsichtlich eines schweren Serotonin-Syndroms, solange die Lithiumspiegel im therapeutischen Bereich
liegen.2
FAZIT: Trizyklische Antidepressiva wie Clomipramin (ANAFRANIL) und selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer wie Fluoxetin (FLUCTIN) dürfen wegen
der Gefahr eines Serotonin-Syndroms nicht mit irreversiblen Monoaminoxidase (MAO)-Hemmstoffen wie Tranylcypromin (PARNATE) kombiniert werden.
Auch die gleichzeitige Einnahme mit dem reversiblen MAO-Hemmer Moclobemid (AURORIX) kann das Syndrom auslösen. Bei entsprechender Vorbehandlung
sind angemessene Auswaschzeiten strikt einzuhalten.
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