"Es hat auf der Welt ebensoviele Pestseuchen gegeben wie Kriege. Und doch finden Pest und Krieg die Menschen immer gleich wehrlos" (A.
CAMUS: "Die Pest"). Dabei existieren Pestherde nicht nur in Regionen Afrikas wie Südafrika und der Kilimandscharo-Region, in Südamerika
einschließlich Bolivien, Brasilien und Peru und in Asien, z.B. in Burma, Indien und Vietnam, sondern auch im Westen und Südwesten der USA (vgl.Abb.).
Die letzte größere Epidemie in Europa gab es 1945 auf Korsika.1
Die "Naturpest" zirkuliert in Ratten und anderen Nagetieren, die relativ resistent sind gegen die Infektion mit dem gramnegativen Bakterium Yersinia
pestis (früher Pasteurella pestis). Wandern die Nager wegen starker Vermehrung, Futtermangels oder Naturkatastrophen in andere Gebiete, infizieren sie dort
noch empfindliche Populationen. Diese verenden zum Teil, und deren ebenfalls infizierte Parasiten suchen neue Nahrungsquellen unter anderem bei Mensch
und Haustieren.
Nach Stich des Rattenflohs (auch Läuse, Milben, Wanzen und Zecken kommen als Überträger in Frage) oder Kontakt mit infiziertem Material
entwickeln sich mit einer Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen in der Regel anhaltend hohes Fieber, Schüttelfrost und quälende Kopf- und
Gliederschmerzen. Die druckschmerzhaften Pestbeulen (Bubonenpest), vor allem in Leiste und Achselhöhlen, beruhen auf Vermehrung der Bakterien in den
Lymphknoten. Kommt es zur hämatogenen Generalisation, vermehren sich die Yersinien auch in der Lunge (Lungenpest). Durch massenhaft abgehustete
Erreger (schwarz-blutiger Auswurf) werden andere Menschen direkt infiziert (primäre Pestpneumonie, Inkubationszeit zum Teil unter 24 Stunden). Unbehandelt
verläuft die Beulenpest zu über 50% tödlich, die Lungenpest selbst bei früh einsetzender Chemotherapie abhängig vom medizinischen
Standard zu 5% bis 20%.2,4
Mit Tetrazyklinen wie Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) und Tetracyclin (SUPRAMYCIN u. a.) sowie Streptomycin (STREPTO-FATOL u. a.) stehen wirksame
Antibiotika zur Verfügung. Co-trimoxazol (BACTRIM u.a.), das auch zur Behandlung empfohlen wird,3 verlängert unter Umständen das
Fieber und soll die Komplikationsrate erhöhen können.2 Chloramphenicol (PARAXIN u. a.) eignet sich für Schwangere und bei Pest-
Meningitis. Penizilline wie Ampicillin (BINOTAL u.a.) wirken unzureichend.
Für Pflegepersonal und Angehörige Pestkranker ist eine Chemoprophylaxe mit Doxycyclin (für Kinder Co-trimoxazol) möglich.1,4 Im
Stadium der nicht durchbrochenen Bubonenpest ohne Pneumonie und ohne Kontakt zu anderen Ausscheidungen gilt das Infektionsrisiko allerdings als
gering.2 Eine Totvakzine (Import z.B. aus den USA) bringt keinen zuverlässigen Schutz und ist schlecht verträglich.1,2
1 | SEITZ, H. M. in LANG, W. (Hrsg.): "Tropenmedizin in Klinik und Praxis", Thieme,
Stuttgart, 1993, Seite 275 |
2 | KISCH, A. L. in BRANDE, A. I. et al. (ed.): "Medical Microbiology and Infectious
Diseases", Saunders, Philadelphia, 1981, S. 1796 |
3 | Robert Koch Institut: "Merkblatt Pest", Okt. 1994 |
4 | MEYER, C. G. et al.: pers. Mitt./ Ztschr. f. Allg. Med., in Druck |
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