Das 1991 eingeführte Neuroleptikum der Benzamid-Gruppe Remoxiprid (ROXIAM) soll sich durch ein "günstigeres Nebenwirkungsprofil
im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika" auszeichnen und "nur wenig klinisch relevante Wirkungen auf hämatologische ... Parameter"
erwarten lassen so der Hersteller Astra im wissenschaftlichen Prospekt.1 Jetzt werden acht aplastische Anämien in Verbindung mit dem
Neuroleptikum bekannt, davon fünf aus Großbritannien, zwei aus Schweden und eine aus Luxemburg. Zwei der Betroffenen verstarben an der stets
lebensbedrohlichen Blutschädigung,2 die mit der Abnahme weißer und roter Blutkörperchen sowie von Blutplättchen einhergeht. Auch
Leukopenie ist in Verbindung mit Remoxiprid beschrieben.2 Besondere Risikofaktoren lassen sich in den bislang veröffentlichten
Fallberichten3,4 nicht ausmachen. Die Geschädigten nahmen bis zu neun Monate lang übliche Tagesdosen zwischen 150 und 600 mg ein. Als
Ursache wird eine toxische Schädigung diskutiert, z.B. eine Ansammlung toxischer Metaboliten.5
Von 10.000 Personen, die in Großbritannien Remoxiprid erhielten, erkrankten fünf an der Blutschädigung.6 Unter Außerachtlassung einer
Dunkelziffer liegt somit das Risiko der aplastischen Anämie in der Größenordnung von 1:2.000 und damit etwa 10- bis 20fach höher als für
Chloramphenicol (PARAXIN u.a.), das wegen seines Potentials aplastischer Anämien der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen vorbehalten ist.
Astra schränkt mit Rote-Hand-Brief die Anwendung von Remoxiprid auf Patienten ein, die andere Neuroleptika nicht vertragen oder nicht auf sie
ansprechen.7 Die Behandlung soll durch den Psychiater eingeleitet werden und setzt vierzehntägige Butbildkontrollen voraus.7 Eine
Erläuterung zur Häufigkeit der lebensbedrohlichen Blutschädigung unterbleibt im Rote-Hand-Brief. Der Anwender kann daher keine konkrete
Nutzen-Risiko-Abwägung vornehmen.
Die empfohlenen Maßnahmen entsprechen in etwa denen für das Reserveneuroleptikum Clozapin (LEPONEX, vgl. a-t 2 [1992], 24), bei dem Agranulozytosen/Neutropenien bei 1% bis 2% der Anwender vorkommen. Im Gegensatz zu
Clozapin finden wir für Remoxiprid keine hinreichenden Belege für einen besonderen Nutzen. In den USA wurden die laufenden Studien mit dem dort noch
nicht zugelassenen Remoxiprid gestoppt.2
FAZIT: Wegen des Risikos lebensbedrohlicher aplastischer Anämien deklariert der Hersteller die Sulpirid (DOGMATIL u.a.)-Variante Remoxiprid (ROXIAM)
nun als Neuroleptikum der letzten Wahl mit der Erfordernis vierzehntägiger Blutkontrollen. Angesichts der Häufigkeit der Blutschädigung von 1:2.000
und der fehlenden Belege für einen besonderen therapeutischen Nutzen haben wir die Marktrücknahme von Remoxiprid beantragt.
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