Die Behandlung akuter postoperativer Schmerzen beschränkt sich bisher weitgehend auf analgetische Maßnahmen nach dem Eingriff.
Tierversuche gaben Impulse für das Konzept einer vorbeugenden Schmerzdämpfung: Opioide und Lokalanästhetika stillen Schmerzen offensichtlich
besser, wenn sie kurz vor einem Trauma gegeben werden und nicht erst danach. Dies bestätigt sich in einer Doppelblindstudie an 60 Frauen mit abdominaler
Hysterektomie. Der Morphin (MORPHIN MERCK u.a.)-Bedarf nahm in den 24 Stunden nach der Operation um 27% ab (von 48 auf 38 mg), wenn 10 mg Morphin i.v.
bereits bei der Einleitung der Allgemeinanästhesie statt unmittelbar postoperativ injiziert wurden.1,2 Angesichts der kurzen Halbwertszeit von Morphin
(2-4 Stunden) mag das überraschen.
Der Nutzen der prophylaktischen Analgesie wird mit einer verringerten Sensibilisierung zentraler Neurone erklärt: Durchtrennen von Gewebe und Nerven sowie
Manipulationen am Knochen scheinen zentrale neurale Funktionen anhaltend zu stimulieren und somit die Intensität postoperativer Schmerzen und den
Analgetikabedarf zu erhöhen.1,2 An 41 weiteren Patienten fanden sich ebenfalls Hinweise auf eine verringerte Schmerzintensität durch
präoperative Injektion von 5 mg Morphin im Vergleich zur postoperativen Gabe.3
Es wäre zu erforschen, ob höhere präoperative Morphindosen oder kombinierte Morphininjektionen unmittelbar vor und nach dem Eingriff den
Schmerzmittelbedarf in den Tagen nach Operationen deutlicher senken.1,2 Durch präoperative epidurale Blockade mit Bupivacain (CARBOSTESIN
u.a.) und Morphin ließ sich der Phantomschmerz in einer Studie an 25 Patienten mit Unterschenkelamputation verringern.4
Die risikolose Verringerung von Schmerz und Morphinbedarf ist für das Wohlbefinden nach der Operation von besonderer Bedeutung. Der Versuch der
Einsparung von Opioiden durch postoperative Gabe nichtsteroidaler Entzündungshemmer wie Ketorolac (TORATEX, nicht mehr im Handel) erwies sich wegen
der potentiellen nierenschädigenden Effekte dieser Stoffgruppe voraussehbar als Fehlkonzept (vgl. a-t 7 [1992],
67, 6 [1993], 61).
FAZIT: Morphin (MORPHIN MERCK u.a.), unmittelbar vor Operationsbeginn injiziert, verringert offensichtlich die Intensität postoperativer Schmerzen besser
als die Gabe der gleichen Dosis postoperativ.
1 | RICHMOND, C.E. et al.: Lancet 342 (1993), 73 |
2 | KATZ, J.: Lancet 342 (1993), 65 |
3 | AMANOR-BOADU, S. D. et al.: 7th World Congress on Pain, 27. Aug. 1993, Paris, Poster
78 |
4 | NEWMAN, P., W. FAWCETT: Lancet 342 (1993), 562 |
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