Wirkt Mepivakain (SCANDICAIN u.a.) auch kanzerogen? Welche Alternativen gibt es?
Dr. med. M. EISENMEIER
W-4800 Bielefeld
Die in Versuchen an Ratten beobachtete Karzinogenität von Lidokain (XYLOCAIN u.a.) beruht auf dem Metabolismus des Lidokains zu 2,6-Xylidin, das bei den
Versuchtstieren dosisabhängig karzinomatöse und sarkomatöse, sonst nicht vorkommende Tumore auslöst. Diese Befunde sind so bedenklich,
daß das Bundesgesundheitsamt einen Stufenplan der Stufe 1 zur Abwehr von Arzneimittelrisiken eröffnet hat. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine
endgültige Bewertung jedoch noch nicht möglich. Unklar ist, in welchem Ausmaß der Metabolit 2,6-Xylidin bei den einzelnen Lokalanästhetika
des Likokain-Typs gebildet wird und ob er nach Menge und Verweildauer geeignet ist, auch beim Menschen karzinogene Wirkungen zu entfalten. Gesichert ist das
Auftreten dieses Metaboliten bisher nur bei Lidokain und Etidokain (DUR-ANEST).
Auch aus Mepivakain (SCANDICAIN u.a.) kann theoretisch der Metabolit 2,6-Xylidin gebildet werden. Wegen fehlender Daten zum Ausmaß der Metabolisierung
dieser Substanz besteht derzeit der Verdacht, daß auch Mepivakain zu dem potentiell karzinogenen 2,6-Xylidin umgewandelt wird. Das gleiche gilt für
Bupivakain (BUPIVACAIN, CARBOSTESIN). 2,6-Xylidin kann nicht aus Artikain (ULTRACAIN), Butanilikain (HOSTACAIN) und Prilokain (XYLONEST) sowie aus
Tetrakain (in GINGICAIN M u.a.) und Prokain (NOVOCAIN u.a.) gebildet werden. Die letzten beiden Substanzen haben jedoch als Lokalanästhetika vom
Ester-Typ eine hohe Allergisierungsrate.
Zur Zeit ist eine abschließende Beurteilung des karzinogenen Risikos noch nicht möglich. Bei vitalen Indikationen bestehen deshalb keine Bedenken
für die Anwendung auch solcher Lokalanästhetika, die zu 2,6-Xylidin metabolisiert werden. Es erscheint jedoch ratsam, bei allen anderen Indikationen
falls möglich auf solche Substanzen zurückzugreifen (z.B. Artikain, Butanilikain oder Prilokain), aus denen 2,6-Xylidin nicht gebildet werden
kann (Red.).
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